LOYALITÄTEN (2005)
Der
Meteor tauchte im Osten hoch über dem Horizont auf, raste in einem
spitzen Winkel der Oberfläche entgegen und zog einen stetig länger
werdenden Feuerschweif hinter sich her.
Der infernalische Lärm riss Mo Hayder aus der Aufmerksamkeit, die
er seinem Bodenscanner gewidmet hatte. Mit dem Gerät hatte er die
Felsschichten, die etwa zwanzig Meter unter dem Wüstenboden begannen,
nach Lagern von Kobalt, Wolfram und Vanadium abgesucht. Abrupt hob er
den Kopf. Die tief stehende Sonne blendete ihn einen Moment, bevor er
den Meteor am wolkenlosen Himmel ausmachen konnte. Und noch etwas fiel
ihm auf: Der Gesteinsbrocken schien größer zu werden, näherte
sich also seinem Standort. [Weiter...]
DIE GEISTER VON KROCKER IV (2005)
Der
Laserschneider durchtrennte mühelos den roten und hüfthohen
Gesteinsbrocken. Pierré Pronzini hatte den Stein ohne besondere
Überlegung ausgewählt, denn bis zum Horizont erstreckte sich
eine dunkelrote Wüste aus Geröll und Steinen, die sich kaum
voneinander unterschieden, nur unterbrochen durch Meteroitenkrater.
Er trat einen Schritt zurück, als die beiden Hälften des Steins
in der geringen Schwerkraft von Krocker IV langsam zu den Seiten wegkippten.
Die Gesteinsbrocken hatten noch nicht den Boden erreicht, als aus der
Mitte der Schnittkanten kleine, weiße Sterne aufstoben, einen
Augenblick verharrten, bevor sie sich konfus zu umkreisen begannen.
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WERWOLF (2004)
Scharf
zog Bard die Zügel an. Das Pferd schnaubte und blieb stehen. Kyrddis
und Idriel standen am Himmel und warfen ihr blaugrünes Licht in
die Nacht. Der matte Schein eines Feuers drang schwach durch das Gebüsch,
das sich in der Dunkelheit schemenhaft vor Bard abzeichnete.
Der
Späher hatte eine Karawane gemeldet, die aus mehreren Gespannen
bestand und von Bewaffneten zu Fuß geschützt wurde. Bard
mac Fianna fühlte sich an sein erstes Kommando erinnert, vor fast
einem Jahrzehnt, unter dem König Ardin von Asturien. Damals war
er auch gegen eine Karawane gezogen, eine Karawane, die Haftfeuer transportierte.
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FREIHEIT, DIE ICH
MEINE (2003)
Das Pad schlug
links neben ihm auf dem Schreibtisch auf, prallte ab und katapultierte
sich selbst an die Außenkante des Flachbildschirms. Es zerbrach,
das Gehäuse und das Display tanzten über die Schreibtischplatte,
bevor sie zu Boden fielen. Der Tropheus moorii-Schwarm, der im Aquarium
linkerhand scheinbar interessiert Bernhard Kellermanns Arbeit beobachtet
hatte, stob auseinander.
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KEIN GARANTIEFALL (1999)
Hredlichi,
die cloratmende Oberschwester der AUGL-Station, schob Bharhida durch
den zertrümmerten Türrahmen in das Patientenzimmer. Die grünlich schimmernde
Umgebung irritierte ihn weiterhin, doch er konnte erkennen, daß auch
das Gestell, in dem der Chalder geruht hatte, beschädigt war. Aus der
Verankerung gerissen lag es in einem rechten Winkel auf dem Boden.
Aus den Filtern
an der Decke des Raumes drang eine zähe, braune Masse, die sich im Wasser
in schlanke Fäden auflöste und verteilte. [Weiter...]
FEUERTEUFEL
(1998)
Mit einem
Tritt stieß Arlinda den Wasserbottich von dem niedrigen Hocker. Der
Bottich prallte auf den Boden, zerbarst aber wegen der Eisenbänder,
die ihn zusammenhielten, nicht.
Arlinda wußte,
daß sie nicht mit der Geduld ihres Vaters rechnen konnte, wenn sie den
Bottich beschädigen würde. Aber das Gefäß war wie alles, das ihr Vater
anfertigte, solide gemacht. Das schmutzige Wasser ergoß sich über die
Steinfliesen, vermischte sich mit dem Ruß, der Asche und den Metallspänen
und floß zur Außenwand ab. [Weiter...]
GÖTTERBOTEN (1998)
Bernhard Kellermann
rückte das verrutschte Jackett zurecht, nahm den Aktenkoffer in die
linke Hand und drückte auf den Türsummer.
Hinter der gegenüberliegenden Tür der Nachbarwohnung verstummten die
Gespräche, die er zuvor noch deutlich vernommen hatte. Kellermann hatte
ein neues Mehrfamilienhaus aufgesucht, das offenbar sehr hellhörig war.
Vertreter waren nicht besonders beliebt und Kellermann wußte natürlich,
daß niemand daran interessiert war, von ihnen unaufgefordert aufgesucht
zu werden. Kellermann zog es ohnehin vor, Einzelpersonen zu kontaktieren,
da diese am besten vom Kauf seines Produktes zu überzeugen waren. Ehefrauen
machten ihren Männern dagegen regelmäßig Vorwürfe über den hohen Preis.
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FEHLFUNKTION
(1997)
Obwohl Bernhard
Kellermann in seiner Benommenheit noch keinen klaren Gedanken fassen
und wegen des grellen, kalten Lichtes nur kurz die Augen öffnen konnte,
erkannte er, daß er der einzige war, der erwacht war. Und gleichzeitig
wurde ihm bewußt, daß genau das falsch war.
Erst nach
Stunden, wie ihm schien, hatte er sich soweit regeneriert, daß er sich
aufrichten konnte. Fröstelnd zog er die dünne Synthetikdecke, die ihn
bislang gewärmt hatte und nun in seinen Schoß gerutscht war, zu den
Schultern hoch. [Weiter...]
ADAM UND EVA (1995)
"Es
ist ein automatisches System," stellte Sigrid Kellermann fest.
Nachdem der erste Funkkontakt hergestellt worden war, hatte sich das
vollständige Team sofort in der engen Computerzentrale der Forschungsstation
eingefunden. Sigrid Kellermann, die Ökologin und Kybernetikerin, saß
vor dem Eingabeterminal. Hinter ihr standen Stuart Kaminsky, der Arzt
und Biologie, Lajos Mesterhazi und Robert Randisi, die übrigen Wissenschaftler,
die zugleich die Helikopterpiloten waren. [Weiter...]
DER ERFOLG IST PROGRAMMIERBAR
(1994)
Das
Raumschiff passierte die Bahn des äußersten Planeten des Sonnensystems
Proxima Centauri, aber das wußte es in diesem Moment noch nicht.
Die Sonne des Systems erschien dem Schiff kaum größer als die übrigen
Sterne. Da die Berechnungen jedoch ergaben, daß das Ziel des langen
Fluges in kurzer Frist, kurz freilich nur in Relation zur Dauer der
gesamten Reise, erreicht sein würde, handelte das Raumschiff programmgemäß
und setzte eine Reihe von Erkundungssonden aus, die mit aufblitzenden
Triebwerken davonstoben und rasch im Dunkel des Weltraums verschwanden.
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ZWILLINGE
(1994)
Der Alarm
zerstörte Loren Estlemans Hoffnungen auf einen ruhigen und ungestörten
Flug, dem Jungfernflug der SHENANDOAH als Hospitalschiff. Das Raumschiff
war auf den Mondwerften umgebaut worden, ein ehemaliger kleiner Frachter,
dessen geringe Ladekapazität keine gewinnbringenden Flüge mehr erlaubte.
Trotzdem verstanden es die Minengesellschaften, die SHENANDOAH profitbringend
einzusetzen, diesmal als Hospitalschiff für die Bergwerksarbeiter im
Asteroidengürtel. [Weiter...]
SPIEGELFECHTEN
(1993)
Durch
die schmalen Fenster unter der hohen Decke drang nur schwaches Licht in
den Burgsaal. Erst die blakenden Fackeln an den Seitenwänden erhellten
den Saal mit ihrem diffusen, gelben Schein, warfen ihre willkürlichen
Muster aus Licht und Schatten in den Raum.
Darril Ruyavil
verharrte ohne Gegenwehr in den festen Griffen seiner Bewacher. Sie grinsten,
als sie sein Zittern bemerkten. Ihm war klar, daß sie wegen ihm gekommen
waren. Die kleine, einsame Burg seines Vaters in den unwirtlichen Hellers
barg keine Reichtümer. [Weiter...]
TRAUMJAGD
(1993)
Der
Jäger registriert die ersten Eindrücke, die ihm seine Sinne vermitteln
- doch es sind keine Wahrnehmungen, wie sie Menschen kennen. Es sind konfuse
Bildern und Töne, die auf ihn eindringen. Er wird sich seiner eigenen
Existenz gewahr, ohne jedoch ein Bewußtsein zu erlangen, und er erkennt
auch die Existenz weiterer Individuen, deren Emissionen eine eigentümliche
Faszination auf ihn ausüben. Der Jäger versucht, sie zu absorbieren, denn
das ist der Zweck seiner Existenz. [Weiter...]
CHRONODESTRUKTION
(1993)
Bernd Kellermann öffnete das Fenster, lehnte sich vor
und blickte auf die Anhalter Straße hinaus. Es war früher Morgen.
Der schwache Ostwind trieb träge dünne Nebelschwaden vorbei. Das
Kopfsteinpflaster glänzte matt vor Feuchtigkeit.
Langsam fuhr ein Wagen die Straße entlang. Kellermann beobachtete
ihn mit Interesse. Die Anhalter Straße war nicht lang, und so verschwand
der Wagen bereits hinter dem Hotel, bevor Kellermann den Typ bestimmen
konnte. Es war ein typisches Automobil der Zwanziger Jahre, unverkennbar
durch die charakteristische Bauweise, durch die geschwungenen Kotflügel,
die sich über den Rädern wölbten, den abgesetzten Motorblock, die
breiten Trittbretter und durch die großen, von der Frontseite abstehenden
Scheinwerfer. [Weiter...]
TICK-TACK
(1985)
„Sie
steht hinter dir,“ sagte Bernd, der mir gegenüber saß.
Um seine Lippen zuckte es. Er fuhr sich mit der Hand durch den dichten,
dunkelbraunen Vollbart und rückte seine Brille zurecht. In seinen
Augen stand ein belustigtes Glitzern.
Ich drehte mich um und stützte mich auf der Rücklehne des
bequemen, tiefbraunen Ledersessels ab. Die Standuhr war es also, die
mir mein Cousin als seine neueste Erwerbung vorstellen wollte. Mir war
sie schon aufgefallen, als ich seine Wohnung betrat, ich hatte aber
nicht angenommen, daß sie es war, auf die sich Bernds Stolz seit
einigen Tagen konzentrierte. [Weiter...]
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