Zu
meinen Lieblingsautoren in der Science Fiction gehört der Engländer
Brian (M.) Stableford. Mein erster Kontakt zu seinen Werken bestand in
zwei oder drei Romanen aus seinem sechsbändigen DAEDALUS-Zyklus aus
dem Goldmann Verlag, erschienen in den siebziger Jahren (und gefunden
auf einem Ramschtisch), die mir ausgesprochen gut gefielen. Später
komplettierte ich den Zyklus, der aus den Romanen PARADIES DES UNTERGANGS
(Goldmann SFTB 23282), SCHMETTERLINGE IM PARADIES (Goldmann SFTB 23285),
DIE DRITTE LANDUNG (Goldmann SFTB 23317), DER SONNENSTAAT (Goldmann SFTB
23316), DAS MACHTGLEICHGEWICHT (Goldmann SFTB 23349) und DAS PARADOX DER
FREMDEN WESEN (Goldmann SFTB 23371) besteht, über Antiquariate.
Das Raumschiff DAEDALUS wird zu den Kolonien entsandt, die die Erde vor
ein bis zwei Jahrhunderten gründete und sich selbst überließ.
Die Entwicklung der Kolonien hat unterschiedliche Wege genommen, die teilweise
auf die Besatzung der DAEDALUS erschreckend wirken. Diese Entwicklungen,
die sich aus den Wechselwirkungen zwischen den Kolonisten und den Ökologien
ergaben, aufzuklären und den Nachkommen der Kolonisten, wenn möglich,
Hilfe zu bringen, ist die Aufgabe der DAEDLUS. Stableford entwirft in
dem DAEDALUS-Zyklus verschiedenartige ökologische Modelle und bemüht
sich, sie wissenschaftlich plausibel darzustellen, was auf Leser auf mich,
die im Gegensatz zu Stableford nicht Biologie und Soziologie studiert
haben und deshalb keine Lücken in seinen Konstruktionen zu entdecken
vermögen, durchaus überzeugend wirkt.
In einem Artikel habe ich den DAEDALUS-Zyklus in KOPFGEBURTEN 3 (der Space
Opera-Themenausgabe von Januar 94) ausführlich vorgestellt. Ich habe
allerdings vor, den Text auf meine Homepage einzustellen, wenn ich endlich
die Zeit und die Motivation finde, intensiv daran zu arbeiten –
vielleicht nach dem Erscheinen dieser WHISPERING TIMES-Ausgabe...
Eine
ähnliche Arbeit Stablefords ist der ebenfalls sechsbändige GRAINGER-Zyklus.
Grainger wird in den Dienst des Wissenschaftlers Titus Charlot gepreßt
und Pilot der DRONTE, eines neuartigen Raumschiffs, das anderen Fahrzeugen
weit überlegen ist. Während seiner sechs Einsätze, beschrieben
in den Romanen DAS WRACK IM HALCYON, DER SCHATZ DES SCHWARZEN PLANETEN,
DIE WELT DER VERHEISSUNG, DAS PARADIES-PRINZIP, DAS GÖTTERDÄMMERUNGSPROGRAMM
und SCHWANENGESANG, trifft er ebenso wie die Besatzung der DAEDALUS auf
ökologische Rätsel. Die Bände sind auch erschienen in dem
Sammelband DIE SAGA VOM RAUMPILOTEN GRAINGER (Bastei/Lübbe SFTB 23062).
Über den GRAINGER-Zyklus habe ich natürlich auch einen Rezensionsartikel
verfaßt, dessen Veröffentlichung allerdings über eineinhalb
Jahrzehnte zurückliegt (Oktober 87 in den CLUBNACHRICHTEN 113). Den
Weg in meine Homepage wird der Artikel aber wohl nicht finden: Ich habe
ihn zwar bereits mit einem Computer verfaßt, infolge mehrere Systemwechsel
verfüge ich jedoch nur noch über einen Ausdruck – aber
selbst wenn ich noch über eine Diskette verfügen würde,
wäre das Dateiformat inzwischen ohnehin inkompatibel...
Ein weniger interessanter, nur dreibändiger Zyklus von Brian M. Stableford
ist DAS REICH DES TARTARUS: DIE ERDE ÜBER UNS (Goldmann SFTB 23279),
DIE VERGESSENE HÖLLE UNTER UNS (Goldmann SFTB 23308) und ZURÜCK
DES LICHT (Goldmann SFTB 23311). Auf der Plattform und in den Bauten weit
über der Erdoberfläche hat sich eine neue Zivilisation etabliert,
während die zurückgebliebenen Menschen in Vergessenheit gerieten,
nun jedoch wieder auf sich aufmerksam machen.
In seinen Einzelromanen SELBSTMORD IM ALL (Goldmann SFTB 23258); ZEITSPRÜNGE
(Goldmann SFTB 23377) VORSTOSS IN DIE HOHLWELT (Knaur SFTB 5788) und DIE
TORE VON EDEN (Knaur SFTB 5803) wandte sich Stableford einerseits gänzlich
anderen Inhalten zu, variierte andererseits sein Standardthema aus den
DAEDALUS- und GRAINGER-ZYKLEN. DER BLINDE WURM (Bastei/Lübbe Fantasy-TB
20046) ist sein bislang einziger Fantasy-Roman bzw. sein einziges unter
diesem Label publizierte Buch (eine konfuse Mischung aus einer Endzeitvision
und Reisen durch diverse Universen).
Der DAEDALUS- und der GRAINGER-Zyklus sowie der eine oder andere zyklenunabhängige
Roman nehmen in der Space Opera eine Sonderstellung ein. Es sind ausgesprochen
plausible Romane in einem Subgenre, in dem sich auch viele unmotivierte
und irrationale Handlungsmuster finden lassen. Außerdem sind sie
(mit einem Umfang von etwa jeweils 200 Seiten) erfreulich kompakt.
In seinem bislang letzten Roman, DAS REICH DER ANGST (Ullstein Paperback
22418), kehrte Stableford auf die Erde zurück. DAS REICH DER ANGST
ist ein Alternativweltroman, auch wenn der Band diesen Eindruck zunächst
nicht erweckt, da Vampire die Menschheit beherrschen. Doch genau wie für
die ökologischen Rätsel in seinem Space Operas weiß Stableford
für die dominante Stellung der Vampire eine wissenschaftlich plausible
Erklärung (im Rahmen des Romans) anzubieten. DAS REICH DER ANGST
ist mit knapp 500 Seiten deutlich umfangreicher als die vorangegangenen
Romane Stablefords, was aber durch den Inhalt durchaus gerechtfertigt
wird.
Nach DAS REICH DER ANGST erschienen, sehr zu meinem Bedauern, keine weiteren
Romane Stablefords. Umso erfreuter war ich, als die GENESYS-Trilogie angekündigt
wurde. Ich war keineswegs überrascht darüber, daß wieder
ein Zyklus bzw. eine Trilogie Stablefords erscheinen sollte (immerhin
bilden die zyklenunabhängigen Romane die Minderheit in seinem Werk),
aber mit einem Gesamtumfang von immerhin etwa 1.400 Seiten schien die
GENESYS-Trilogie dem HERRN DER RINGE folgen zu wollen...
Die GENESYS-Trilogie erschien in der Fantasy-Reihe des Heyne Verlags,
umfaßt die Romane DAS BLUT DER SCHLANGE, DAS FEUER DES SALAMANDERS
und DAS RÄTSEL DER CHIMÄRE, und ist natürlich keine Fantasy
im klassischen Sinn. Die Trilogie ist vielmehr eindeutig der Science Fiction,
mag auch das wissenschaftliche und technische Niveau der Welt, in der
die Protagonisten agieren, nicht sehr hoch sein.
DAS BLUT DER SCHLANGE beginnt mit einer Wirtshausschlägerei in Xandria,
in die der Kartenzeichner und ferentianische Ex-Prinz Andris Myrasol verwickelt
wird. Von der königlichen Garde als Schuldiger ausgemacht wird er
von Hauptmann Jacom Cerri und seiner Truppe in das Gefängnis geworfen,
wo er sowohl das Interesse der xandrianischen Prinzessin und Hexe Lucrezia
als auch des Kaufmanns Carus Fraxinus erregt. Während Fraxinus an
den Fähigkeiten Myrasols als Kartenzeichner interessiert ist, will
Lucrezia ihn für ihre Experimente verwenden: Sie hat von der Händlerin
Hyry Keshvara Samen aus den bislang unerreichbaren Gegenden südlich
der Dragomitenberge erhalten, die nur in Menschen gedeihen. (Stablefords
Hexen sind keineswegs magiebegabt, sie haben vielmehr gute Kenntnisse
von Giften und anderen chemischen und biologischen Substanzen.)
Myrasol wird schließlich von seiner Cousine Merel Zabio befreit.
Das Chaos, das durch den Überfall auf die königliche Münze
durch den Dieb Checuti entsteht, hilft ihnen bei der Flucht. Lucrezia
gerät unfreiwilligerweise in die Fänge der Schergen Checutis,
was Belin, den König Xandrias, veranlaßt, Cerri mit der Verfolgung
der Flüchtigen zu beauftragen – weniger ein Vetrauensbeweis
als vielmehr eine Bestrafung, da Cerri sich bei der Verteidigung der königlichen
Zitadelle übertölpeln ließ.
Cerri vermag Checuti zu stellen, aber weder festzunehmen noch Lucrezia
zu befreien, die inzwischen Hyry Keshvara übergeben wurde und vor
den Heiratsplänen ihres Vaters flieht, nicht ahnend, daß ihre
Mutter Ereleth mit Dhalla, einer Riesin, ihr folgt. Der Hauptmann schließt
sich nach diesem Fehlschlag der Expedition Carus Fraxinus‘ und Aulakh
Pars in den Süden an, die sich dort Profitmöglichkeiten erhoffen,
nach dem die Dragomitenberge offenbar passierbar geworden sind (sonst
hätten die fremdartigen Samen Xandria nicht erreichen können).
Stableford macht in DAS BLUT DER SCHLANGE von vorneherein deutlich, daß
seine Protagonisten Nachkommen von Raumfahrern sind, die den (namenlosen)
Planeten vor Jahrhunderten (oder Jahrtausenden?!) besuchten. Er stellt
den drei Teilen des Romans Auszüge aus den „Genesys-Apokrypten“
voran, den Überlieferungen, die unter den Menschen seiner Welt kursieren
und die auch in den Dialogen seiner Protagonisten immer wieder auftauchen.
Bislang ist der einzige Unterschied zwischen der Ursprungs- und der neuen
Welt der Menschen der massive Zerfall, der in letzterer herrscht: Steinmauern
zerbröckeln, Stahl rostet, und zwar in einem hohen Tempo usw.
Hyry
dringt mit Lucrezia in den Wald der absoluten Nacht ein, wo sie ihren
ersten Kampf überstehen und später getrennt werden. Hyry trifft
auf Schlangen, humanoide Wesen mit pigmentierter Haut und gespaltenen
Zungen, Lucrezia dagegen auf die Hügelfrauen, die mit den Dragomiten
in einer Symbiose leben. Die Dragomiten sind insektenähnliche Wesen,
allerdings von der Größe von Nashörnern, die von den Menschen
gefürchtet und meist bekämpft werden.
Ein Angriff der Dragomiten auf die Expedition der Menschen unterbleibt
allerdings, stattdessen nimmt die Hügel- bzw. Dragomitenkönigin
Verhandlungen mit ihnen auf. Ereleth, Andris, Checuti u. a. dringen in
den Dragomitenhügel ein, in dem sie auf weitere Menschen treffen,
die mit den Dragomiten zusammenleben. Hyry und Lucrezia erreichen ebenfalls
den Dragomitenhügel. Die Verhandlungen zwischen den Menschen und
der Hügelkönigin finden durch den Angriff eines rivalisierenden
Dragomitenstammes ihr Ende.
Zum Ende des ersten Romans gibt Stableford einige Hintergrundinformationen.
Die Menschen, eine Reihe von Tieren und Pflanzen wurden ihrer neuen Heimat
genetisch angepaßt, offenbar unter Verwendung von DNA-Material einheimischer
Lebensformen. Das bislang stabile Verhältnis zwischen den Menschen
und der ursprünglichen Flora und Fauna ihrer neuen Heimat ist aus
den Gleichgewicht geraten; in der Ökologie des Planeten findet ein
Umbruch statt, der weitreichende Auswirkungen zu haben scheint, auch wenn
seine Gründe – noch – im Dunkeln liegen.
Im zweiten Roman der GENESYS-Trilogie, DAS FEUER DES SALAMANDERS, zieht
die Expedition, der sich die Schlangen und die überlebenden Dragomiten
und Hügelfrauen angeschlossen haben, weiter Richtung Süden.
Sie stoßen auf eine Mauer aus Dragomitengebeinen, die das vermuten
läßt, was General Shabir, Befehlshaber der Armee der Neun Städte,
bei einer Unterredung kurz darauf bestätigt: Dragomiten sind im Territorium
der Neun Städte nicht erwünscht. Fraxinus gelingt es jedoch,
ein Abkommen mit Shabir auszuhandeln: Die Karawane zieht unter Begleitung
Shabirs und seiner Armee weiter, um tiefer im Süden den Fluß
in Richtung der gesprenkelten Wüste überqueren zu können,
von der aus der weitere Weg zum Feuer des Salamanders führen soll.
Doch Shabir ist und bleibt mißtrauisch. Er läßt Andris
entführen und verhören, und auf der Brücke die Expedition
angreifen. Es kommt zu einem spektakulären Kampf, den die Expedition
durch den Einsatz der Dragomitenkriegerinnen, der Riesin Dhalla und von
Sprengstoff für sich entscheiden kann. Sie werden freilich erneut
getrennt: Ereleth, Fraxinus, Dhalla, die Hügelfrau Vaca Metra und
die Schlange Mossassor erreichen das Ostufer, während Lucrezia, Checuti,
Ssifuss und Jume Metra auf der Westseite zurückbleiben und den Weg
durch die bittersüßen Sümpfe antreten müssen. Cerri,
Hyry Keshvara, Aulakh Phar und Merel Zabio treiben flußabwärts
und werden rasch von Amyas, einem Verbündeten Shabirs, gefangengenommen.
Shabir setzt die Verfolgung von Ereleth, Fraxinus und ihren Begleitern
fort. Es kommt zu einem erneuten Kampf, bei dem Shabir nochmals geschlagen
und gefangengenommen wird. Die Gruppe trifft auf eine Gruppe Salamander,
die Schlangen ähneln, aber kleiner und stämmiger sind, und zieht
mit ihnen weiter zur Kristallstadt der Salamander. Währenddessen
haben Andris, Lucrezia und die übrigen Mitglieder ihrer Gruppe unter
den Giften der Sümpfen zu leiden. Delirierend werden Andris und Lucrezia
von den Deisten, einer Sekte, deren Religion dem Christentum ähnelt,
aufgegriffen und gesundgepflegt. Als Andris eine psychedelische Droge
nimmt, wird die Siedlung der Deisten von Menschen und Riesenschlangen
angegriffen. Andris und Lucrezia können fliehen und treffen in den
Sümpfen auf Ssifuss.
Die Gefangenen Amyas erreichen die Stadt Antiar, in der sie in einem Aufstand
ihre Freiheit wiedergewinnen können. Cerri, Phar und Merel sehen
jedoch keine andere Alternative, als in Amyas Söldnerarmee anzuheuern,
die das Letzte Bollwerk zum Süden verteidigen soll. Hyry bleibt verschollen.
Phar und Merel setzen sich von der Armee ab, Cerri wird in einem Kampf
verwickelt und wird von einer menschenähnlichen, aber mit Raubtierkopf
und Skorpionstachel ausgestatteten Manticore gefangengenommen.
Der weitere Weg von Phar und Merel wird nicht beschrieben, jedenfalls
treffen sie am Feuer des Salamanders auf Ereleth, Fraxinus, Dhalla und
die anderen Mitglieder der Gruppe. Gemeinsam wohnen sie der Entstehung
einer neuen Lebensform bei.
Stableford kreiert in DAS FEUER DES SALAMANDERS genau wie in dem vorangegangenen
Band eine Reihe von – wie sie in den Romanen genannt werden –
unirdischen Lebensformen. Auch wird wieder deutlich gemacht (nicht zuletzt
durch das Interesse der Deisten an Andris), daß die Menschen auch
Gene der einheimischen Intelligenzen (Schlangen, Salamander) in ihrem
Genom tragen und teilweise selbst Chimären sind (Dhalla, Hügelfrauen).
Nach dem die Salamander bereits von einer Zeit des Entstehens gesprochen
hatten, die sich in Abständen von achttausend Jahren wiederholt,
gibt Stableford die Information preis, daß die Mechanismus der unirdischen
Evolution andere sind als die der irdischen.
In ersten Teil von DAS RÄTSEL DER CHIMÄRE sehen sich Andris,
Lucrezia und Ssifuss der Verfolgung durch die Riesenschlangen und die
Halbmenschen ausgesetzt, die die Siedlung der Deisten überfallen
haben. Fatalerweise handelt es sich um zwei Kolonnen: Die ersten können
sie in einen Hinterhalt locken und niedermetzeln, außerdem werden
dabei die Gefangenen – die überlebenden Deisten – befreit.
Die zweite Kolonne ist jedoch gewarnt, in dem Kampf wird Lucrezia verwundet
und Andris gefangengenommen. Die Wende bringt erst das Eingreifen von
Checuti und Jume Metra, die ihrerseits die zweite Gruppe verfolgten, zu
deren Gefangenen u. a. Hyry Keshvara gehörte, die bei dieser Gelegenheit
selbstverständlich befreit wird.
Gleichzeitig ziehen die Manticore Kasdeja und Jacom Cerri zur Nabe des
Rades, von dem letzterer wortwörtlich eingewickelt wird.
Nach ihrer Wiedervereinigung trennen sich die Wege der (ersten) Reisegruppe
wieder. Lucrezia, Ssifuss und Hyry folgen Andris, während sich Checuti
und Jume Metra zum Garten von Idun aufmachen, der, so die Überlieferungen,
von der Besatzung des Raumschiffs errichtet wurde, nachdem die erste Stadt
zerfallen war, und bei dem es sich wahrscheinlich um die Wiege der Chimäre
handelt. Andris wird gefunden, nachdem sich sein Schicksal erfüllt
hat: Er ist zu einem Baum in einem entsprechenden Garten geworden. Die
übrigen Wesen, denen Lucrezia, Ssifuss und Hyry begegnen, sind zu
„ihren“ Gärten unterwegs – eine weiterentwickelte
Variante der lebenden Steinen, denen die Reisenden zum ersten Mal in DAS
FEUER DES SALAMANDERS begegneten?!
Mossassor, Aulakh Phar, Fraxinus, Merel Zabio, Vaca Metra, Dhalla und
Shabir erreichen den Handschuh der Freude, eine Wegstrecke, auf der sich
nicht nur einem verlustreichen Angriff von Halbmenschen ausgesetzt sind,
sondern auch mit Checuti und Vaca Metra zusammentreffen. Die Sporen der
fremdartigen Flora setzen ihnen zu, doch vor Attacken weiterer Feinde
schützt sie eine Eskorte von Sphingen, die zum Garten von Idun begleitet,
wo sie auf Lucrezia und ihre Begleiterinnen treffen. In einer Pyramide
werden sie alle einer Metamorphose unterworfen, doch nur Fraxinus, Cerri,
Ssifuss, Hyry, Mossassor, Merel und Lucrezia können das Gebäude
wieder verlassen – wiederhergestellt, und doch verändert.
Stableford
bietet in der GENESYS-Trilogie sein Standardthema dar, den Entwurf einer
fremdartigen Ökologie und ihr Einfluß auf die Menschen, die
in ihr leben. Der Plot ist immerhin etwas komplexer als in seinen bisherigen,
thematisch ähnlichen Romanen: Die ersten Kolonisten trafen auf lebende,
nicht unbedingt intelligente Böden, deren Evolution sich nicht kontinuierlich,
sondern schubweise vollzieht. Sie vereinnahmen Lebensformen, sowohl fremde
als auch eigene, die sie das letzte Mal geschaffen haben, verändern
die DNA und stoßen neue Lebensformen aus, die darauf genetisch programmiert
sind, bei der nächsten „Zeit des Entstehens“ zu ihren
Böden zurückzukehren. Um unter diesen Umständen den Fortbestand
ihrer Spezies zu sichern, schufen die Menschen ihren eigenen Boden, ohne
eine Vermischung jedoch vollständig verhindern zu können und
zu wollen.
Die GENESYS-Trilogie ist die umfangreichste Arbeit Stablefords, die bislang
in Deutschland erschienen ist. Selbst seine früheren sechsbändigen
Zyklen überschritten einen Gesamtumfang von etwa 1.000 Seiten nicht.
Zum ersten Mal schildert Stableford (auch hier die Einschränkung:
zumindest in seinen auf Deutsch erschienenen Romanen) die Auswirkungen
einer fremden Ökologie aus der Sicht der unmittelbar Betroffenen.
In der GENESYS-Trilogie schwenkt kein Raumschiff in den Orbit das Planeten
zu bringen, um Analysen anzustellen und um die Situation der Kolonisten
zu verbessern. Freilich trägt der Plot auch unter Berücksichtigung
dieses Aspektes keine Handlung von über 1.400 Seiten.
Zwar hätte Stableford die lange Reise seiner Protagonisten nicht
nur in wenigen Kapiteln schildern können, doch führen Andris,
Ereleth, Lucrezia, Hyry, Cerri, Checuti, Fraxinus und die anderen Figuren
überwiegend Gespräche, wenn sie nicht gerade gegen jedesmal
übermächtiger werdende Gegner verteidigen müssen. Erstaunlich
ist das hohe intellektuelle Niveau dieser Diskussionen, in denen schon
mal Begriffe wie „Evolution“ oder „Pädogenese“
fallen – und das, obwohl die Landung des Raumschiffes vermutlich
bereits mehrere Tausend Jahre zurückliegt und Überlieferungen
allenfalls mündlich weitergegeben werden konnten, weil für die
Welt der GENESYS-Trilogie ein ständiger Zerfall typisch ist. Von
Universitäten o. ä. ist konsequenterweise in den Romanen nicht
die Rede... Das Muster von der Trennung der Protagonisten, dem Verfolgen
von eigenen Wegen, diversen Kämpfen, der Wiedervereinigung, erneuter
Trennung usw. wiederholt sich zudem häufig und wird nur durch das
Auftauchen neuer Lebensformen variiert.
Ausgesprochen geschickt es ist immerhin, wie Stableford seine Protagonisten
in Situationen bringt, die ihnen nur die Alternative lassen, die Reise
zum Garten von Idun anzutreten, ob sie das nun wollen oder nicht. Das
unplausibel hohe Niveau der Diskussionen der Protagonisten mag noch hingenommen
werden, da nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Leser verstehen
müssen, was warum geschieht (und ich auch keine Lösung für
dieses Problem anbieten kann...)
Die GENESYS-Trilogie hat meine Erwartungen enttäuscht. Stableford
ist mit der Trilogie dem bereits seit Jahrzehnten in der Science Fiction
anhaltenden Trend zu umfangreichen Einzelromanen und (vor allem) Zyklen
gefolgt, deren Inhalt den Umfang nicht rechtfertigt. Verkürzt auf
einen Roman, allenfalls zwei Romane hätte er die Geduld seiner Leser
in geringerem Maß strapaziert. Dazu hätte er vielleicht gar
nicht einmal die Länge der Reise seiner Protagonisten verkürzen
müssen, sondern lediglich ihre Anzahl, was durch den Wegfall von
Parallelhandlungen zu einer Umfangreduzierung geführt hätte.
Über den kommerziellen Erfolg der GENESYS-Trilogie in Deutschland
liegen mir mangels Quellen Informationen nicht vor. Es wäre schade,
wenn ein etwaiger Mißerfolg das Erscheinen weiterer Romane Stablefords
verhindern würde. Stableford hat im angloamerikanischen Sprachraum
über 50 Romanen veröffentlicht, von denen lediglich knapp die
Hälfte in das Deutsche übersetzt wurden (weitere Informationen
auf seiner Homepage:
//freespace.virgin.net/diri.gini/brian.htm). Er ist unprätentiöser
Autor, der hierzulande eher als „Geheimtip“ gilt als einen
großen Bekanntheitsgrad zu genießen. Trotz aller Kritik würde
ich es sehr bedauern, wenn die mittelmäßige GENESYS-Trilogie
die Übersetzung und Veröffentlichung weitere Romane Stablefords
verhindern würde.
Bibliographie der GENESYS-Trilogie:
DAS BLUT DER SCHLANGE
SERPENT’S BLOOD/THE FIRST BOOK OF GENESYS, 1996, Übersetzung
aus dem Englischen von Michael Siefener, 654 Seiten, Heyne TB 9134, 2001,
Coverzeichnung: Thomas Thiemeyer.
DAS FEUER DES SALAMANDERS
SALAMANDER‘S FIRE/THE SECOND BOOK OF GENESYS, 1996, Übersetzung
aus dem Englischen von Michael Siefener, 687 Seiten, Heyne TB 9135, 2001,
Coverzeichnung: Thomas Thiemeyer.
DAS RÄTSEL DER CHIMÄRE
CHIMERA’S CRADLE/THE THIRD BOOK OF GENESYS, 1997, Übersetzung
aus dem Englischen von Michael Siefener, 718 Seiten, Heyne TB 9136, 2002,
Coverzeichnung: Thomas Thiemeyer.
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