In der Rezension über die letzte gedruckte Ausgabe von ALIEN CONTACT 42 (im FANZINE-KURIER 105, März 2002) wünschte sich Holger einen Trauerrahmen – nun, ich muß einräumen, daß ich mich nicht damit beschäftigte, wie ich diesen Vorschlag umsetzen konnte. Daß es möglich war, bewiesen einige Monate später die ANDROMEDA NACHRICHTEN 193, in denen die Rezension nachgedruckt wurde: mit Trauerrahmen...
Die Gründe, die die AC-Macher zum Aufbruch – besser: zum Wechsel – in das Internet (www.alien-contact.de) veranlaßten, werden in der letzten Printausgabe allenfalls ausweichend genannt. Da ist die Rede davon, daß die Mehrzahl der Leser ohnehin über einen Internetzugang verfügt und daß ein Online-Magazin flexibler und aktueller ist. Außerdem soll ja ein ALIEN CONTACT-Jahrbuch erscheinen. Nun, Tatsache ist, daß die Erstellung und Pflege einer Internetpräsenz deutlich kostengünstiger als die Herausgabe eines vierteljährlichen Printmagazins ist. Unter diesen Umständen ist der Schritt der AC-Macher verständlich, wird er doch einen etwaigen finanziellen Zuschußbedarf für ihr Heft erheblich reduziert haben.
Was ALIEN CONTACT recht ist, könnte anderen Fanzines billig sein. Der größte Vorteil von Fanzines im Internet ist der Verzicht auf den kostenintensiven Druck und Vertrieb. HTML-Editoren werden mit den Betriebssystemen mitgeliefert oder sind kostenlos (zum Download im Internet oder auf CD-ROMs von PC-Zeitschriften) erhältlich. Webspace ist bei Anbietern wie TRIPOD, GEOCITIES oder GMX kostenlos, ebenso bei den größten Providern; man muß allenfalls die übel-üblichen Werbeeinblendungen in Kauf nehmen. Immerhin lassen sich mit zehn oder fünfzehn Megabyte bereits relativ umfangreiche Webseiten aufbauen. Und wem das auch nicht genügt, der meldet sich halt bei GEOCITIES mehrfach an... Ein großer Vorteil ist auch, daß die Texte, Grafiken usw. ständig verfügbar sind – jedenfalls solange, wie das Vertragsverhältnis zum Provider besteht... Das übertrifft Books on Demand locker.
Für eine eigene Domain muß man nicht viel Geld ausgeben: Die Domains www.fanzine-kurier.de und www.armin-moehle.de kosten mich exakt jeweils 0,28 EUR im Monat (bei der STRATO AG). Damit ist zwar nur ein geringer Webspace verbunden, immerhin aber eine Umleitungsfunktion auf eine bestehende Homepage – und die besteht in beiden Fällen bei GEOCITIES. (Das sehen die Anbieter von kostenlosem Webspace zwar nicht gerne, aber sie müssen es erst einmal bemerken, bevor sie meckern können.) Interessant ist, daß die Anzahl der Zugriffe auf die FK-Homepage höher ist als die Auflage der Printausgabe. Zwischen dem Upload zweier FK-Ausgaben kann ich in der Regel 150 bis 200 Zugriffe verzeichnen, die Auflage des FK liegt dagegen unter 100 Exemplaren.
Ich habe angesichts dieser Zahlen bereits einige Male mit dem Gedanken gespielt, den FANZINE-KURIER als Printausgabe einzustellen und mich auf die Arbeit an der Homepage zu beschränken, zumal die (Print-) Veröffentlichung der Fanzinerezensionen immer noch in den ANDROMEDA NACHRICHTEN erfolgen würde. Immerhin kostet mich die Erstellung einer FK-ONLINE-Ausgabe (einer FK-Ausgabe also) genausoviel Zeit wie die einer Printausgabe, die zudem noch kopiert und verschickt sein will. Aber noch bin ich nicht in einer Situation, in der ich mir über die Einschränkung meiner fannischen Aktivitäten Gedanken machen müßte.
Der Wechsel des Publikationsmediums, wie ihn ALIEN CONTACT vorgemacht hat, ist nach meinen Beobachtungen selten. Vor etwa einem halben Jahrzehnt hat ihn bereits das Infofanzine FANDOM-@-WEEK vollzogen, das seitdem unter www.sf-fan.de verfügbar ist und auch einen, inzwischen nur noch sporadisch erscheinenden, Newsletter anbietet. Parallelexistenzen wie beispielsweise der FANZINE-KURIER als Print- und Onlineversion sind offenbar auch nicht sehr häufig. Mir fällt lediglich SOLAR-X ein (//people.freenet.de/dircaea/start.html), dessen neue Ausgaben im Internet schneller verfügbar als die gedruckten Version sind (im Gegensatz zu dem FK übrigens). Der SFCD will zwar die Anzahl seiner ANDROMEDA NACHRICHTEN-Ausgaben, sechs sollten bislang pro Jahr herausgegeben werden, zugunsten seiner Internetpräsenz reduzieren, doch das scheint eher eine Anpassung an die Zahl der tatsächlich erscheinenden AN-Ausgaben zu sein...
Das legt den Schluß nahe, daß es eine Abwanderung von gedruckten Fanzines in das Internet nur in Ausnahmefällen gibt. Auch ein Blick auf die Anzahl der Zines, die jährlich im FANZINE-KURIER besprochen werden, scheint dies zu bestätigen. In 2003 habe ich 80 Rezensionen über 89 Fanzines im FK abgedruckt. Das Jahr zuvor waren es zwar nur 65 Besprechungen über 67 Zines, allerdings erschienen auch nur fünf anstelle der üblichen sechs FK-Ausgaben pro Jahr (und das vor allem aus persönlichen Gründen). In 2001 erschienen im FK dagegen 83 Rezensionen über 91 Fanzines, also fast genausoviel wie im vergangenen Jahr.
Eine etwas genauere Analyse der Besprechungen der letzten sechs FK-Ausgaben offenbart freilich ein anderes Phänomen, und zwar das, daß die Produktionen von Clubs und von Kleinverlagen in der Fanzineszene die Oberhand gewonnen haben. 38 der besprochenen Fanzines wurden von diversen Clubs herausgegeben (FUTURE MAGIC, ÄON INTERN, SOLAR TALES, MEINUNGEN, SOL; WINDGEFLÜSTER, GREY EDITION, BADEN-WÜRTTEMBERG AKTUELL, FESTAK u. a.), 22 von Kleinverlagen (PHANTASTISCH! AD ASTRA, TIAMAT, RETTUNGSKREUZER IKARUS, ARCANA, SIRIUS, HORROR u. a.), aber nur noch 19 von unabhängigen Herausgebern, Einzelpersonen durchweg (MARC O’POPEL, ENPUNKT, LEGENDENSÄNGER-EDITION, NOCTURNO, DIE ATMOSFÄHRE u. a.)
Der Begriff „Kleinverlag“ ist natürlich sehr relativ, denn jeder Fanzineherausgeber ist im Grunde ein Klein-Verleger. Als „semiprofessionell“ will ich diese aufwendig aufgemachten Publikationen allerdings nicht bezeichnen, da ich mir nicht vorstellen kann, daß der Großteil ihrer Herausgeber mit etwaigen Verkaufserlöse einen nennenswerten Anteil des Lebensunterhaltes bestreiten kann... Bei Auflagen von nur wenigen hundert Exemplaren zudem, von der von PHANTASTISCH! abgesehen. Immerhin scheint das Konzept zu funktionieren: höhere Leserzahl durch bessere Aufmachung und, zugegeben, teilweise auch durch einen besseren Inhalt als in herkömmlichen Fanzines, auch wenn es widersprüchlich anmutet. Ein RETTUNGSKREUZER IKARUS-Band – beispielsweise – könnte auch in konventioneller Fanzineaufmachung (Kopie) erscheinen, und zwar deutlich günstiger. Fast sieben EUR würde ich für eine Ausgabe nicht ausgeben, auch die Preise für HORROR oder SIRIUS liegen mit 5,00 EUR bzw. 5,25 EUR bereits über meiner persönlichen Schmerzgrenze.
Das geringe Interesse an unabhängigen Fanzines mag aus einer gewissen Bequemlichkeit der potentiellen Käufer resultieren. Die Fanzinesendungen diverser Clubs kommen ins Haus, ohne daß man sie separat ordern muß, und wenn noch weitere Hefte bestellt werden sollen, läßt man sich womöglich von der Aufmachung der Publikationen aus den „Kleinverlagen“ blenden... Mit IRRLICHTER habe ich ähnliche Erfahrungen machen müssen, wobei die Vertriebssituation noch zusätzlich erschwert wurde, weil die Ausgaben mitunter in mehrjährigen Abständen erscheinen... Jedenfalls verkaufte sich die zweite Ausgabe (März 97) nach dem Erscheinen noch gut, die dritte dagegen (April 99) kaum noch. Die Konsequenz war, die vierte IRRLICHTER-Ausgabe zu einem Clubzine zu machen. (Was aber nicht meine Hoffnung erfüllt, mit dem Erscheinen dieser Ausgabe die Restexemplare von IRRLICHTER 3 verkaufen zu können.)
Es gibt also im Printbereich immer noch Mittel und Wege, ein Fanzine zusammenzustellen und herauszugeben. Ich denke, das ist in einem größeren Ausmaß von dem persönlichen Engagement als von sogenannten Sachzwängen oder Trends abhängig. Und wenn es trotzdem nicht klappt, dann bleibt immer noch das Internet...
Die Anzahl der im Internet bereitstehenden einschlägigen Seiten übersteigt mittlerweile die der gedruckten Fanzines bei weitem. Die Linksammlung www.phantastik-links.de.vu weist allein 135 Internetseiten aus, die Stories anbieten (von insgesamt über 800 Links zu Webseiten, die sich mit SF, Fantasy usw. beschäftigen). Eine ähnliche, wenn auch weniger umfangreiche Linksammlung ist SF-Online, //members.aol.com/sfonweb/. Nicht nur für einen Fanzineherausgeber, sondern auch für einen Story-Autoren ist es mittlerweile einfacher, im Internet zu publizieren (z. B. auf www.warp-online.de) als in Fanzines. Zwar macht es keinen Unterschied, einen Text per E-Mail an einen Fanzineherausgeber oder an einen Webmaster zu senden, doch im Internet erscheint die Story sofort und steht auch dann noch zur Verfügung, wenn die Auflage des Fanzines bereits verkauft wurde (oder mangels Käufer eingestampft wurde).
Die Investitionen, die getätigt werden müssen, um im Internet zu publizieren, sind freilich höher als, zugegeben, vor geraumer Zeit im Fandom, was aber auch für die (gedruckten) Fanzines gilt. In den siebziger und auch in den achtziger Jahren genügte noch eine Schreibmaschine, danach und inzwischen muß es ein PC sein. Immerhin: Wer nur im Internet veröffentlichen will, kann auf den Drucker verzichten... Der Fanzineherausgeber aber auch, wenn er die Druckvorlagen seines Heftes in eine PDF-Datei konvertiert.
Die phantastische Szene im Internet hat sich offenbar unabhängig und parallel von dem Fandom mit seinen gedruckten Fanzines entwickelt, auch wenn eine gewisse Überschneidungen und Berührungspunkte gibt. Es erscheint mir als völlig unspektakulärer Vorgang, daß neue interessierte Leser und Autoren von phantastischer Literatur die technischen Möglichkeiten zur Verbreitung ihrer Arbeiten nutzen, die sich ihnen boten, als sie sich entschlossen, aktiv zu werden. Umkehrbar ist diese Entwicklung ebensowenig wie die Änderungen in der Fanzineszene. Wahrscheinlich war die Portoerhöhung von 93, die die Gebühren für Büchersendungen vervielfachte, in seinen Auswirkungen für das Fandom verheerender als die Entwicklung des Internets...
Ich muß zugeben, daß ich mich bislang nicht sehr intensiv in der phantastischen Internetszene umgesehen habe. Das hat seinen Grund nicht nur darin, daß ich zu einer Generation gehöre, die auf das gedruckte Wort geprägt ist (und nicht auf die Anzeige eines Monitors), aber auch nicht nur darin, daß ich noch immer nur über einen analogen Telefonanschluß verfüge, der längere Internetsitzungen zu einer Geduldsprobe werden läßt. Die wichtigste Ursache ist viel profaner: Ich lese zu meinem Vergnügen nicht an meinem Schreibtisch. Auch wenn sich die Ära der Röhrenmonitore ihrem Ende entgegenneigt, wäre es mir zu unbequem, mit einer Tastatur, Maus und einem TFT-Bildschirm in meinem Schaukelstuhl oder auf meinem Sofa zu lesen. (Selbst ein Laptop wäre mir noch zu unhandlich, auch wenn der drahtlose Internetzugang natürlich kein Problem mehr ist.)
Eine Lösung für dieses Problem bieten eBooks, zumindest theoretisch. Als Lesegeräte stehen gewöhnliche PCs, Laptops und PDAs zur Verfügung. Elektronische Versionen basieren in der Regel auf dem PDF-Format und können mit den entsprechenden Anzeigeprogrammen auf jedem PC gelesen werden und auch auf PDAs transferiert werden, für die allerdings auch spezielle Leseprogramme entwickelt wurden. Eine vom WINDOWS-Standard unabhängige Lösung, die GEMSTAR-Lesegeräte (die immerhin ein großes Display boten, aber teuer waren), fand im vergangenen Jahr ihr Ende – eine Parallele zu dem Aussterben von Betriebssystemen, die nicht auf MS-DOS bzw. WINDOWS basierten, in den neunziger Jahren und den dazugehörigen Rechnern.
Es ist einfach, Fanzines in eBooks, d. h. in PDF-Dateien zu konvertieren (sofern die Zines komplett als Datei erstellt wurden, inklusive der Grafiken). Neben den teuren ADOBE-Programmen stehen dafür sowohl billigere Epigonen als auch Sharewareprogramme bereit, nach meinen Erfahrungen allerdings mit erheblichen Qualitätsunterschieden, was die Ergebnisse betrifft. Sowohl die phantastische Internetszene als auch die Internetableger von Fanzines haben von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht. Meines Wissens bieten lediglich ALIEN CONTACT und der TERRANISCHE CLUB EDEN (www.terranischer-club-eden.com) ihre Hefte als PDF-Dateien zum Download an, teilweise nur eingeschränkt.
Abgesehen davon, daß sich die kleinen Displays von PDAs ohnehin kaum zur Lektüre längerer Texte eignen, ist das Angebot von SF-Romanen als eBooks sehr gering. Bei www.readersplanet.de sind zwar über 200 zu finden, aber überwiegend handelt es sich um alte Heftromane. Neben PERRY RHODAN-Romanen bietet www.dibi.de zwar auch Romane und Kurzgeschichten-Sammlungen von Philip K. Dick an, allerdings durchweg Ausgaben aus dem nicht mehr existierenden Haffmans Verlag.
Mir werden eBooks also noch eine Zeitlang verschlossen bleiben. Aber der jetzige Stand der Technik, das geringe Angebot von eBooks und das Problem des Kopierschutzes (ein eBook ist mit ein paar Mausklicks vervielfältigt, ein gedruckter Band dagegen erst nach Stunden am Kopierer) markieren erst den Anfang der Entwicklung. Das Argument des fehlenden Lesegefühls, das gegen die Benutzung von Lesegeräten und eBooks sprechen soll, ist Ausdruck einer Jahrhunderte bis Jahrtausende während kulturellen Prägung durch das geschriebene bzw. gedruckte Wort, die nicht in nur ein paar Jahren überwunden werden wird. Für Vielleser haben eBooks unbestreitbare Vorteile: Es ist nicht mehr nötig, Bücher zu verschenken, zu verkaufen, auszulagern oder gar in eine größere Wohnung zu ziehen, wenn die Regale überquellen...
Trotz meines geringen Interesses an der phantastischen Internetszene beabsichtige ich, die Möglichkeiten, die das Medium bietet, auch für meine Texte zu nutzen. Meine Kurzgeschichten, Artikel und Rezensionen (soweit sie mir in verwertbarer elektronischer Form vorliegen) will ich in meiner Homepage zur Lektüre bereitstellen, unter der bereits erwähnten URL www.armin-moehle.de (eine, na, Testversion ist bereits verfügbar). Aber erst nach dem Erscheinen dieser WHISPERING TIMES-Ausgabe, natürlich.

 

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