Vic Warshawski, für ihre Klienten V. I. Warshawski (die
Initialen
stehen für Victoria Iphigenie), ist Privatdetektivin im
Süden
Chicagos. Sie ist Mitte dreißig (zu Beginn des ersten Romans)
geschieden, lebt und arbeitet allein, verfügt über
ein
spärlich möbliertes Büro in einem billigen
Geschäftshaus. Warshawski war nach ihrem Jura-Studium als
Pflichtverteidigerin tätig, bevor sie sich als
Privatdetektivin
selbständig machte und sich auf
Wirtschaftskriminalität
spezialisierte. Die acht Romane und die Kurzgeschichtensammlung, die
ihre Fälle schildern, sind in den achtziger und neunziger
Jahren
angesiedelt.
Über die Schöpferin Warshawski, die US-amerikanische
Autorin
Sara Paretsky, liegen mir nur wenige biographische Daten vor. Paretsky
ist 54, studierte Geschichte, gab den Job einer Verkaufsmanagerin einer
Versicherungsgesellschaft nach dem Erscheinen ihrer ersten drei
Kriminalromane auf und lebt wie ihre Protagonistin in Chicago. Sie ist
Gründungsmitglied von „Sisters of Crime“,
einer
Organisation von Kriminalautorinnen, die weltweit über 1.000
Mitglieder umfassen soll, und war deren erste Präsidentin.
Der Auftrag, den Vic Warshawski zu Beginn des ersten Romans,
SCHADENERSATZ, erhält, scheint jenseits ihrer Spezialisierung
zu
liegen: Sie soll die Freundin von Peter Thayer finden, dem Sohn eines
Bankmanagers. Bereits bei ihren ersten Recherchen
stößt sie
auf die Leiche Peters Thayers und deckt die falsche Identität
ihres Auftraggebers auf. Sie wird von den Schergen eines Gangsterbosses
verprügelt, läßt sich aber nicht davon
abhalten, den
Betrug der Scherenschleifer-Gewerkschaft zu Lasten der
Ajax-Versicherung aufzudecken, der mit dem Mord an Peter Thayer
vertuscht werden sollte.
Für europäische Leser wird die Verbindung zwischen
der
Gewerkschaft und dem organisierten Verbrechen befremdlich anmuten.
Paretsky erklärt dies mit den Arbeitskämpfen der
Vergangenheit: „Die Großindustriellen heuerten
Rowdies an,
die unsere Leute aus dem Weg räumen und ihnen die
Gewerkschaften
vom Halse schaffen sollten. Und wir haben die Gangster angeheuert, um
unsere Position zu festigen. Als uns das gelungen war, blieben uns
jedoch die Gangster auf den Fersen.“ (SCHADENERSATZ, Seite
271).
In DEADLOCK tritt zum ersten Mal ein Handlungselement auf, das
für
die weiteren Romane Paretskys charakteristisch werden sollte. Von nun
an sind Verwandte und Freunde Warshawskis Opfer der Verbrechen, die sie
aufklärt. Ihr Onkel Bernard, ein ehemaliger Eishockeystar, der
Arbeit bei einer Getreideverschiffungsgesellschaft gefunden hatte,
stürzt vom Kai des Chicagoer Hafen und gerät in eine
Schiffsschraube. Vic Warshawski setzt bei ihren Ermittlungen zielsicher
in der Konkurrenzsituation zweier Reedereien und ihrer Eigner, Niels
Grafalk und Martin Bledsoe, an, überlebt einen Mordanschlag,
deckt
nach einer Schiff- und Flugreise über die Großen
Seen, bei
der die LUCELLA, das wichtigste Schiff Bledoes, gesprengt wird, die
Betrügereien und Sabotageakte Grafalks auf. Der Showdown ist
diesmal nicht ein Feuergefecht in einer Wohnung, sondern findet in der
Jacht Grafalks statt und wird mit Feuer ausgetragen.
In FROMME WÜNSCHE wird Warshawski für eine ihr
weniger
sympathische Verwandte, für ihre Tante Rosa Vignello, die
Finanzverwalterin des Klosters Sankt-Albert ist, tätig. Das
Kloster ist im Besitz von Aktien im Wert von fünf Millionen
Dollar, die sich als Fälschungen herausgestellt habe. Kurz
nach
ihren ersten Ermittlungen entzieht Rosa Vignello ihrer Nichte den
Auftrag, doch Vic ermittelt auf eigene Faust weiter, was zum Mord an
ihrer Freundin Agnes Paciorek, einer Aktienmaklerin, führt.
Die
Mutter Agnes‘, Catherine Paciorek, ist die
größte
Geldgeberin von Corpus Christi, einer konservativen katholischen
Organisation, die im Geheimen die Übernahme der Aktienmehrheit
bei
der Ajax-Versicherung anstrebt, um auf diese Weise Schwarzgeld zu
waschen. (Die entwendeten Aktien sollten der Beschleunigung dienen.)
Auf Warshawski werden diesmal zwei Attentate verübt, ihre
Wohnung
wird bei ihrem Brand vernichtet, den Schußwechsel gegen Ende
des
Romans übersteht sie dagegen ohne Blessuren und ein
Mafiaboß
steht diesmal ausnahmsweise auf ihrer Seite.
Für TÖDLICHE THERAPIE wollte Paretsky offenbar keine
weiteren
Verwandten für Vic Warshawski kreieren. Stattdessen ist Vic zu
Beginn des Romans mit der schwangeren Consuelo Alvarado, der Schwester
der Sprechstundenhilfe ihrer langjährigen Freundin Lotty
Herschel,
und Consuelas Ehemann Fabiano, einem Taugenichts, unterwegs, als die
Wehen einsetzen. Warshawski bringt Consuelo in das Friendship
V-Krankenhaus, wo sowohl das Neugeborene als auch die Mutter sterben.
Als kurz darauf Dr. Tregiere, der Consuelo gemeinsam mit Lotty Herschel
betreute, brutal ermordet wird, ist Vic klar, daß das
Krankenhaus
einen Behandlungsfehler verbergen will. Durch einen unerwarteten Zufall
gelangen die Beweise dafür in die Hände der
Detektivin,
nachdem zuvor die Krankenakte Consuelas aus der Praxis Dr. Herrschels
gestohlen wurde. Sie konfrontiert den verantwortlichen Arzt von
Friendship V damit, der daraufhin Selbstmord begeht. In
TÖDLICHE
THERAPIE sieht sich Vic nicht einem Mordanschlag ausgesetzt, aber ihre
Begegnung mit der Straßengang, der Fabiano angehört,
ist
unangenehm genug.
Meine Kenntnisse über das Krimi-Genre sind zwar deutlich
beschränkter als über die Science Fiction (wobei ich
keineswegs für mich in Anspruch nehme, bei letztere einen
umfassenden Überblick zu haben), doch eine Frau als
Protagonist(in) dürfte in beiden Genres – noch
–
ungewöhnlich, zumindest seltener als männliche
Figuren sein.
Vic Warshawski ist genauso eigenwillig und durchsetzungsfähig
wie
Philip Marlowe und wird von ihren Gegnern ebensowenig geschont.
Paretsky betet sie darüber hinaus in ein Geflecht
persönlicher Beziehungen ein: Lotty Herschel, ihre
Ärztin,
Bobby Mallory, Lieutenant bei der Chicagoer Polizei und Freund ihres
verstorbenen Vaters, Mr. Contreras, ihr Nachbar, der ihr erstmals in
TÖDLICHE THERAPIE zur Seite steht, Murray Ryerson, Reporter
des
HERALD-STAR und wechselnde Liebhaber. Und natürlich Peppy, ein
Golden Retriever.
Die Romane sind kompakt geschrieben, die Handlungen kurzweilig und
nachvollziehbar, auch wenn manche Zusammenhänge und
Informationen
zunächst undurchschaubar und verwirrend bleiben. Aber am Ende
jeden Romans liefert Paretsky, pardon, Warshawski, eine
ausführliche Erklärung. Der Plot von FROMME
WÜNSCHE ist
freilich der schwächste. Negativ fällt auf,
daß sich
die Attentate auf Warshawski und die Einbrüche in ihre Wohnung
in
jedem Roman wiederholen. Wer ist hier phantasieloser?! Die Gangster
oder die Autorin?! Andererseits dringt die Detektivin auch in jedem
Roman ein- bis zweimal in die Jachten, Fabriken und Büros
ihrer
Widersacher ein.
Mit BLOOD SHOT beginnt Paretsky, umfangreichere Handlungen aufzubauen.
Caroline Djiak, eine Schulfreundin der Detektivin, tritt mit einem
persönlichen Anliegen an Vic Warshawski heran: Sie soll
Carolines
nichtehelichen Vater aufspüren. Nach den ersten Ermittlungen
reagiert Caroline wie Vics Tante Rosa in FROMME WÜNSCHE: Sie
zieht
den Auftrag zurück, doch Warshawski läßt
sich auch
diesmal nicht aufhalten. Auch dann nicht, als Nancy Cleghorn,
Mitarbeiterin Carolines bei SCRAP, des
South-Chicago-Reaktivierungs-Projekts, ermordet aufgefunden wird. Die
Autorin verknüpft in BLOODSHOT mehrere Fäden
miteinander:
Warshawski Recherchen decken nicht nur die Identität von
Carolines
Vater auf, sondern auch die Jahrzehnte zurückliegende
Verwendung
einer hochgiftigen Substanz in der XERXES-Chemiefabrik, die Vertuschung
dieses Vorgangs und des damit zusammenhängenden
Versicherungsbetrugs. Und auch die Motive, die der Grund für
die
Weigerung des Stadtrats Art Jurshak sind, das
Müll-Recycling-Projekt von SCRAP in seinem Bezirk zuzulassen.
In BRANDSTIFTER steht auf den ersten Seiten eine weitere Tante Vics,
Elena, vor der Wohnungstür der Detektivin. Elenas Pension, das
Indiana Arms, ist bei einem Brand vernichtet worden. Warshawski besorgt
ihrer Tante ein neues Zimmer, doch sucht sie Vic erneut auf, diesmal
mit Cerise, einer jungen Schwarzen, die behauptet, daß ihr
Baby
bei dem Brand ums Leben gekommen ist. Kurz darauf wird Cerise auf der
Baustelle des Rapalec Tower tot aufgefunden. Gleichzeitig wird der
Detektivin zu verstehen gegeben (deutlich, aber nicht
gewalttätig), daß sie sich nicht in die
Angelegenheiten von
Rosalyn Roz‘, einer Kandidatin im Kommunalwahlkamf,
einmischen
soll, was Vic sehr erstaunt, da Roz bislang keine Rolle in ihren
Ermittlungen spielte.
Warshawski gelingt es selbstverständlich auch diesmal, das
Gewirr
der verschiedenen Spuren zu entwirren. Das Indiana Arms wurde
natürlich in Brand gesetzt, um den Eigentümer zum
Verkauf
seines Grundstücks zu bewegen, das für einen
Stadionneubau
benötigt wird. Der Bauunternehmer MacDonald ist der Partner
des
Stadtrats Boots Meagher, der einer kleinen Firma, an der Roz beteiligt
ist, auf Umwegen öffentliche Aufträge zuschanzte. Auf
die
Detektivin werden in BRANDSTIFTER zwei Mordanschläge
verübt,
und der Showdown findet an einem ungewöhnlichen Ort statt, im
Rohbau des Rapalec Towers, und zwar im dreißigsten Stock.
BLOOD SHOT und BRANDSTIFTER sind die ausgereiftesten Warshawski-Romane.
Die Handlungen werden vielschichtiger, ohne daß ihre
Darstellung
jedoch an Kompaktheit verliert. Die Romane ähneln sich aber
nicht
nur in der Verwendung bestimmter Handlungselemente, sondern auch im
Plot: In BLOOD SHOT paktiert der Stadtrat mit einem Mafiaboß,
in
BRANDSTIFTER mit einem großen Bauunternehmer.
Mit EINE FÜR ALLE und ENGEL IM SCHACHT steigert die Autorin
den
Umfang ihrer Romane nochmals. In EINE FÜR ALLE baut Paretsky
wieder zwei Handlungsstränge auf, die am Ende des Romans
zusammengeführt werden. Ihr Nachbar, Mr. Contreas, bittet
Warshawski, seinen verschwundenen Freund Mitch Kruger
aufzuspüren.
Contreas deutet an, daß Kruger seinen früheren
Arbeitgeber,
Diamand Head Motors, zu erpressen versucht hat, so daß
Warshawski
hier mit ihren Ermittlungen ansetzt. Gleichzeitig vermag sie es jedoch
nicht zu akzeptieren, daß sich Chrissie und Todd Pichea zum
Vormund von Vics Nachbarin Mrs. Frizell machen, als diese in ein
Krankenhaus eingeliefert werden muß. Mrs. Frizell ist eine
alte
Dame, die mit ihren zahlreichen Hunden und mit ihrem ungepflegtem Haus
den Picheas ein Dorn im Auge ist. Doch Warshawski glaubt nicht daran,
daß dies das wahre Motiv für die Vormundschaft ist.
Kruger
findet sie schließlich im Leichenschauhaus.
Vics weitere Ermittlungen führen sie in die Familie ihres
geschiedenen Ehemannes, des Star-Anwalts Dick Yarbourough, in der sie
die illegalen Geschäfte von Dicks Schwiegervater, Peter
Felitti,
und seines Bruders Jason mit Diamond Head Motors aufdeckt. Die Firma
löste den gewerkschaftlichen Pensionsfonds auf (was Mitch
Kruger
entdeckte), ist in Schwarzmarktgeschäfte verwickelt und gab
wertlose Obligationen heraus – die die Picheas u. a. an Mrs.
Frizell verkaufte. EINE FÜR ALLE wirft mehr als jeder
bisherige
Warshawski-Roman die Frage auf, wie die Detektivin ihr Geld verdient
– aber halt, in den übrigen Romanen wird
gelegentlich
geschildert, daß sie Rechnungen tippt...
Steht in EINE FÜR ALLE der Inhalt gerade noch in einer
annehmbaren
Relation zum Umfang, ist das in ENGEL IM SCHACHT nicht mehr der Fall.
Vic findet in dem Keller des Geschäftshauses, in dem sie ihr
Büro gemietet hat, eine obdachlose Frau mit drei Kindern und
schafft sie in ein Krankenhaus. Ihren (erneut unbezahlten) Auftrag
erhält sie von Freundinnen, die eine kleine Baufirma namens
Lamia
gegründet haben und für die sie feststellen soll,
weshalb die
Baugenehmigung für das erste Projekt Lamias aufgehoben wurde.
Nach
den ersten Recherchen Warshawskis erhält Lamia einen anderen
Auftrag, und Vic findet in ihrem Büro ihre Freundin Deirdre
Messenger, mit der sie ehrenamtlich für ein Frauenhaus
tätig
ist, erschlagen vor.
Die Autorin konzentriert sich in ENGEL IM SCHACHT in einem zu
großem Umfang auf die familiären Probleme der
Messengers und
kopiert teilweise den Plot aus FROMME WÜNSCHE. Deirdre
Messenger
mußte sterben, weil sie entdeckte, daß die Firma
Gant-Ags
die gemeinnützige Organisation Home Free, die zum Schein
Obdachlosenunterkünfte baut, für die Wäsche
von
Einnahmen aus illegalen Auslandgeschäften benutzt. Zu diesem
Zweck
wurde auch die Century-Bank von dem Bankier Donald Blakely, Jasper
Heccomb, Leiter von Home Free, und Alec Gantner, der Sohn eines
Senators, aufgekauft, Auf diese drei schiebt der Senator Gantner, der
Eigentümer Gant-Ags, jede Schuld ab. Die obdachlose Frau, die
Warshawski zu Beginn des Romans im Keller ihres
Bürogebäudes
antrifft, ist in die Verbrechen übrigens nicht verwickelt
–
der Handlungsstrang hat nur den Zweck, Vic bei ihrer Suche nach der
Obdachlosen auch die Tochter Deirdre Messenger finden zu lassen.
WINDY CITY BLUES enthält die Kurzgeschichten mit Vic
Warshawski,
die in den Jahren 82 bis 95 geschrieben wurden. Die Entstehungstermine
der einzelnen Stories sind nicht angegeben, seltsamerweise scheinen sie
in dem Band chronologisch abwärts angeordnet zu sein: Die
jüngste Kurzgeschichte steht an der ersten Stelle der
Sammlung,
die älteste an der letzten. Zuerst enthält WINDY CITY
BLUES
jedoch eine sehr nützliche Führung durch den
Süden
Chicagos.
„Noten“ führt Vic Warshawski in die
Vergangenheit
ihrer Mutter. Ein junger Italiener gibt sich als ihr Vetter Ludovico
aus, der in dem Nachlaß von Vics Mutter Partituren ihrer
gemeinsamen Urgroßmutter vermutet. Doch dies ist nur ein
Vorwand,
um an wesentlich wertvollere Notenblätter heranzukommen.
„Noten“ ähnelt, was Handlungsablauf und
-elemente
angeht, den Romanen. „Die Andromache von Pietro“
ist eine
wertvolle Skulptur, die Lotty Herschel auf der Party ihres unbeliebten
Kollegen Caudwell entdeckt und in der sie das (von den Nazis)
gestohlene Eigentum ihrer Vorfahren wiederzuerkennen glaubt. Caudwell
bestreitet den illegalen Erwerb und wird kurz darauf ermordet
aufgefunden. Lotty gerät unter Verdacht, doch die
durchgeknallten
Kinder Caudwells stellen sich als Täter heraus. Dieser Plot
ist
schwach; die Story ist vielmehr interessant, weil sie als einzige nicht
aus der Sicht Warshawskis erzählt wird.
„Ausgebrannt“ spielt in der Welt des Profi-Tennis.
Der
Vater einer talentierten Spielerin Lily Oberst wird ermordet
aufgefunden, und Lily gerät unter Verdacht, weil sie von ihrem
Vater erbarmungslos zu Höchstleistungen angetrieben wurde.
Doch
ihre Mutter hat eine alte Rechnung beglichen. In „Stille
Wasser...“ wird eine Teilnehmerin eines Schwimmwettkampfes
erschossen. Doch der Anschlag galt Alicia Dauphine, der Freundin Vics,
die in das Visier eines Mafiabosses geriet, bei dem sich Alicias Bruder
Tom hoch verschuldet hat. Er versucht, an seiner Stelle Alicia ans
Messer zu liefern. Der Plot ist nicht völlig
überzeugend;
ansonsten ist auch „Stille Wasser“ ein
komprimierter Roman.
„Die Malteser-Katze“ kann ihr großes
Vorbild nicht
verleugnen. Vics Auftrag ist die Suche nach Corinne, der Schwester
ihrer Klientin Brigitte LeBlanc. Doch nicht Corinne ist das
tatsächliche Ziel, sondern die wertvolle Malteserkatze Lady
Eva.
„Die Malteser-Katze“ wird damit zu einer
ungewöhnlichen, fast satirischen Story in dem Werk Paretskys.
Die übrigen vier Kurzgeschichten in WINDY CITY BLUES sind
kürzer und weisen einfachere Plots auf. In
„Quitt“
gerät Penelope Herrschel unter den Verdacht, ihren Freund Paul
Servino ermordet zu haben. Das (Rache-) Motiv des wahren
Täters
ist nicht völlig überzeugend. Eine Kosmetikerin wird
in
„Der Schein trügt“ beschuldigt, einen
ihrer Kunden
ermordet zu haben. Hier tut die Autorin dem Zufall Gewalt an: Ein
anderer Angestellter des Salons wollte seine Entdeckung verhindern,
weil er das Mordopfer vor Jahren betrog. Die Vorgängerin von
Peppy
ist „Drei Punkt Po“; die Hündin
führt Warshawski
zum Mörder einer Fotografin, die auf einer ihrer Aufnahmen
einen
entflohenen Gangster ablichtete. Die allwöchentlichen
Go-Runden
des Ehepaars Takomoku sind in „Takamoku Joseika“
Ort des
Austausches von gestohlenen Industriegeheimnissen. Der Spion wird nach
der Übergabe der Daten getötet, und der
Mörder (ein
Japaner?!) begeht bei seiner Festnahme Selbstmord.
Es wird kaum anzunehmen sein, daß die Autorin in ihren
Romanen
die Realität im politischen und kommerziellen Leben Chicagos
abbildet, sie bedient sich aber mit Überzeichnungen und
Verzerrungen legitimer literarischer Mittel. Es ist auch
nachvollziehbar, daß Profitgier ein zumindest genauso starkes
Mordmotiv wie Haß oder Eifersucht sein kann. In ihren acht
Romanen hat sie eine Reihe von Chicagoer Institutionen
präsentiert, die betrügen und betrogen werden, deren
Repräsentanten morden oder morden lassen, um ihre illegalen
Geschäfte zu vertuschen. Paretsky überzeugt zwar in
fast
jedem ihrer Bücher durch die überzeugende Darstellung
ihrer
Protagonistin und durch einen zunehmend komplexeren Handlungsaufbau,
vermag die Grundstruktur ihrer Romane jedoch kaum zu variieren.
Wahrscheinlich hat Paretsky selbst bemerkt, daß sie ihr
Konzept
ausgereizt hat: Gegen Ende von ENGEL IM SCHACHT läßt
sie
Warshawski mit einer Partnerin zusammenarbeiten und eine
längere
Reise antreten. Ihre eigene „Auszeit“ nutzte die
Autorin
offenbar für die Arbeit an dem Mainstream-Roman GEISTERLAND
(Piper, Taschenbuch), in dem es um den Konflikt zweier Schwestern gehen
soll. Ich habe das Buch, da es nicht um Warshawski-Roman handelt, nicht
gelesen. Nach GEISTERLAND wandte sich Paretsky wieder ihrer
früheren Protagonistin zu. Demnächst soll der neunte
Vic
Warshawski-Roman, DIE VERSCHWUNDENE FRAU (Piper, Hardcover) erscheinen
bzw. bereits erschienen sein, in dem die Detektivin in der Medienszene
Chicagos ermitteln soll. Ich bitte um Verständnis
dafür,
daß ich die günstigere Taschenbuchausgabe des Bandes
abwarten werde.
SCHADENERSATZ
INDEMNITY ONLY, 82, Übersetzung aus dem Amerikanischen von Uta
Münch, Serie Piper-TB 5507, 272 Seiten, 86.
DEADLOCK/FROMME WÜNSCHE
DEADLOCK, 84, Übersetzung aus dem Amerikanischen von Katja
Münch, KILLING ORDERS, 85, Übersetzung aus dem
Amerikanischen
von Katja Münch, Haffmanns Kriminalromane bei Heyne-TB 6, 475
Seiten, 93.
TÖDLICHE THERAPIE
BITTER MEDICINE, 87, Übersetzung aus dem Amerikanischen von
Anette Grube, Serie-Piper-TB 5535, 255 Seiten, 89.
BLOOD SHOT
BLOOD SHOT, 88, Übersetzung aus dem Amerikanischen von Anette
Grube, Serie Piper-TB 5589, 352 Seiten, 92.
BRANDSTIFTER
BURN MARKS, 90, Übersetzung aus dem Amerikanischen von
Dietlind Kaiser, Piper (Hardcover), 410 Seiten, 92.
EINE FÜR ALLE
GUARDIAN ANGEL, 92, Übersetzung aus dem Amerikanischen von
Dietlind Kaiser, Haffmanns Kriminalromane bei Heyne-TB 107, 438 Seiten,
95.
ENGEL IM SCHACHT
TUNNEL VISION, 95, Übersetzung aus dem Amerikanischen von
Sonja Hauser, Serie Piper-TB 5653, 475 Seiten, 97.
WINDY CITY BLUES
WINDY CITY BLUES, 95, Übersetzungen aus dem Amerikanischen von
Sonja Hauser, Renate Kunze und Vera Mansfeldt, Serie Piper-TB 5650, 287
Seiten, 97.
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