Sergej Lukianenko

WELTENGÄNGER

„The Draft“, 2005, deutsche Erstausgabe, aus dem Russischen von Christiane Pöhlmann, Heyne TB 52349, 2007, 590 Seiten, 15,00 EUR.
Coverzeichnung: Dirk Schulz.

WELTENGÄNGER ist nach SCHLANGENSCHWERT (Beltz Verlag) und SPEKTRUM (Heyne TB 52233) der dritte Roman des russischen Autors Sergej Lukianenko (und der zweite von Heyne publizierte), der nicht zu seiner WÄCHTER-Serie gehört, die mittlerweile aus vier auf Deutsch erschienenen (Episoden-) Romanen besteht: WÄCHTER DER NACHT (Heyne TB 53080), WÄCHTER DES TAGES (Heyne TB 53200), WÄCHTER DES ZWIELICHTS (Heyne TB 53198) und WÄCHTER DER EWIGKEIT (Heyne TB 52255).
In WELTENGÄNGER gerät Kirill Danilowitsch Maximow, ein Mann in der zweiten Hälfte der Zwanziger, in eine Dicksche Situation: In seiner Wohnung trifft er auf eine fremde Frau, die behauptet, dort bereits seit mehreren Jahren zu leben. Auch ist die Einrichtung der Wohnung verändert worden, sein Hund reagiert nicht mehr auf ihn. Immerhin erinnern sich noch seine Nachbarn an ihn, doch das ist nur von kurzer Dauer: Kirill verschwindet auch aus den Erinnerungen seines Arbeitgebers, seiner Freunde und seiner Eltern. An diesem Punkt wird in einen vermeintlichen Wasserturm am Rande Moskaus bestellt, der sich als Tor in vier weitere Welten entpuppt.
Das Multiversum-Konzept wird erfahrene SF-Leser selbstverständlich nicht überraschen. WELTENGÄNGER ähnelt in dieser Hinsicht dem Roman SPEKTRUM, in dem sich der Protagonist zwischen einer großen Auswahl von Planeten bewegen konnte. Die Anzahl der Parallelwelten in WELTENGÄNGER ist dagegen deutlich kleiner, zugegeben, und Überschneidungen mit den Planeten in SPEKTRUM, was ihre Ausgestaltung angeht, finden sich nicht. Erwartungsgemäß wird Kirill Danilowitsch mit der Frage konfrontiert, ob es eine Ursprungswelt gibt, von der aus die Entdeckung der übrigen Parallelwelten erfolgte – und ihre Manipulation womöglich noch anhält.
Auch Gemeinsamkeiten mit den vier WÄCHTER-Romanen sind festzustellen. In ihnen agieren die magisch begabten „Anderen“ in Moskau und an anderen Schauplätzen gegen- und miteinander, aber immer im Verborgenen. In WELTENGÄNGER metamorphiert Kirill zu einem sogenannten „Funktional“, der über übermenschliche Fähigkeiten verfügt. (Seine Funktion ist übrigens die eines Zöllners.) Auch ist nur wenigen Menschen die Existenz der Funktionale bekannt. Während ist in den WÄCHTER-Romane lange nicht erklärt wird, wie die Anderen entstanden sind, offenbart WELTENGÄNGER, wie Menschen zu Funktionalen gemacht werden.
Im Gegensatz zu SPEKTRUM ist WELTENGÄNGER kein völlig abgeschlossener Roman, da der eine oder der andere Handlungsfaden nicht beendet wird. Der Heyne Verlag hat den Nachfolgeband WELTENTRÄUMER bereits für das nächste Jahr angekündigt (TB 52460, August). Das ist bedauerlich, denn WELTENGÄNGER zeigt, dass sich Lukianenko nicht nicht nur am Ideen aus dem Fundus der phantastischen Literatur bedient und diese variiert (bislang durchaus mit passablen und ansprechenden Ergebnissen!), sondern sich inzwischen selbst kopiert. Sollte der Autor bereits nach wenigen Romanen inhaltlich erschöpft sein?!
Ein Ärgernis ist auch die Aufmachung des Bandes: ein überformatiges und fast 600 Seiten dickes, also ein schlicht unhandliches Taschenbuch, das außerdem ausgesprochen großzügig gesetzt ist.

 

Vorherige RezensionAuswahl RezensionenNächste Rezension