C. J. Cherryh

TRIPOINT

„Tripoint“, 1994, deutsche Erstausgabe, aus dem Amerikanischen von Christine Strüh, Heyne TB 6313, 2002, 526 Seiten, 10,95 EUR.
Coverzeichnung: Stephen Youll.

TRIPOINT ist nach PELLS Ruf (Heyne TB 6329) ein weiterer Einzelroman aus der Future History der US-amerikanischen Autorin, der handlungschronologisch nach dem Unabhängigkeitskrieg der Union gegen die Streitkräfte der Erde angesiedelt ist. Am Ende der Kämpfe wurde die (sozialistische?) Union in ihrer Existenz bestätigt und die Allianz, der Zusammenschluß unabhängiger Kauffahrer und Raumstationen konstituierte sich, während die Streitkräfte der Erde, die Mazianer, in den tiefen Raum flohen, aber nur teilweise zu Piraten wurden, wie sich in TRIPOINT herausstellt.
Der Protagonist gleicht dem in dem zuvor erschienenen Roman der Autorin, PELLS STERN, der im Original allerdings drei Jahre nach TRIPOINT entstand. In beiden Romane ist es junger Mann, der seinen Platz in der Welt der interstellaren Kauffahrer finden muß, wobei der in TRIPOINT bereits seine Adoleszenz hinter sich hat.
Thomas Hawkins-Bowe ist Besatzungsmitglied des Familien-Schiffs SPRITE, das in der Viking-Station auf die CORINTHIAN trifft. Der CORINTHIAN eilt nicht nur der Ruf voraus, im Krieg mit den Mazianern kooperiert zu haben und sie auch weiterhin mit Nachschub versorgen. Vor mehr als zwanzig Jahren soll Austin Bowe, der Captain der CORINTHIAN, Thomas‘ Mutter Marie Hawkins vergewaltigt haben: Austin Bowe ist also Thomas‘ Vater. Marie zieht in ihren Sohn in ihre Rachepläne hinein; bei seinen Nachforschungen auf Viking wird er in dem Depot der CORINTHIAN gestellt und auf das Raumschiff entführt.
PELLS RUF ist zwar immerhin 200 Seiten umfangreicher als TRIPOINT, letzterer bietet aber eine ergiebigere und relevantere Handlung. Es liegt natürlich auf der Hand, daß ein dreiundzwanzigjähriger Protagonist der Autorin völlig andere Möglichkeiten als ein Sechzehnjähriger bot – womit nicht nur die Liebesbeziehung zu einem Besatzungsmitglieder CORINTHIAN gemeint ist. Bereits die Tatsache, daß es sich bei Thomas um den Sohn des Captains der CORINTHIAN handelt, macht die Ausgangssituation ungleich dramatischer. In PELLS RUF wird der Protagonist zudem nur auf ein anfangs ungeliebtes Schiff gezwungen, in dem er sich immerhin frei bewegen kann, Thomas Hawkins-Bowe ist dagegen (zunächst) Gefangener auf der CORINTHIAN.
Auch die Verfolgungsjagden sind in TRIPOINT alles andere als harmlos; das trifft sowohl auf die Suche nach dem geflohenen Thomas Hawkins-Bowe auf der Pell-Station durch die Besatzung der CORINTHIAN als auch auf den überstürzten Abflug des Raumschiffes von Pell und auf seine Verfolgung zu. Wird am Ende von PELLS STERN lediglich ein Vertrag abgeschlossen, der die Kauffahrer davon abhalten soll, mit den Mazianern Handel zu treiben, entsteht gegen Ende der Handlung von TRIPOINT ein (mittelbarer) Kontakt mit ihnen.
Mit TRIPOINT fügt die Autorin ihrer Future History einen neuen Aspekt hinzu: einen Blick aus der Perspektive der Verlierer des Krieges und ihrer Verbündeten, der durchaus ambivalent ist („Aber wo wir ihnen legitime Versorgung beschafften, dort mussten sie keine normalen Kauffahrer überfallen. [Seite 411]). Es stellt sich auch heraus, daß nur ein Teil der Mazianer zu Piraten geworden ist – anderenfalls wäre die Verfolgungsjagd diverser Raumschiffe gegen Ende des Romans auch nicht möglich gewesen. Mit der weiterhin operierenden Maziani-Flotte erhält sich die Autorin natürlich auch Stoff für weitere Romane.
Im direkten Vergleich zwischen PELLS STERN und TRIPOINT schneidet der neue Roman (in der deutschen Übersetzung) deutlich besser ab. Zwar wurden die zwischenmenschlichen Beziehungen und das sie umfassende Handlungsgerüst bereits in PELLS STERN so gelungen dargestellt, daß trotz des Romanumfanges von immerhin 700 Seiten keine Langeweile entstand, in TRIPOINT sind sie allerdings ungleich relevanter. Und deswegen macht es auch Sinn, daß der jüngere Roman vor dem älteren auf Deutsch erschienen ist.

 

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