Iain Banks

DIE AUFSTEIGERIN

„The Business“, 1999, deutsche Erstausgabe, aus dem Englischen von Ute Thiemann, Blanvalet-TB 35627, 2002, 407 Seiten, 8,90 EUR.
Coverzeichnung: Picture 24.

Es mutet wie eine stillschweigende Arbeitsteilung zwischen den Verlagen Heyne und Blanvalet an: Während Heyne den SF-Roman EXZESSION des Autors nachdruckte (als Heyne-TB 06/6392, Erstveröffentlichung als DIE SPUR DER TOTEN SONNE in einer gebundenen Ausgabe), publizierte Blanvalet DIE AUFSTEIGERIN, einen Roman (fast) ohne phantastische Elemente.
Ähnliches konnte bereits in der ersten Hälfte der neunziger Jahre zu beobachten werden: Heyne machte Banks durch seine außergewöhnlichen Space Operas und seine übrigen phantastischen Romane unter den SF-Lesern bekannt, Goldmann druckte dagegen die nicht-phantastischen Werke des Autors, VERSCHWOREN (Goldmann TB 42931), STRASSE DER KRÄHEN (Goldmann-TB 8139) DIE AUSERWÄHLTE (Goldmann-TB 43527).
DIE AUFSTEIGERIN ist die achtunddreißigjährige Kate Telman, die es in der Hierarchie des „Geschäfts“ weit gebracht hat, nur zwei Stufen unter der höchsten Vorstandsmitgliedern steht. Das „Geschäft“ ist ein weltweit und branchenübergreifend operierendes Wirtschaftsunternehmen, dessen Wurzeln bis in die letzte Epoche des Römischen Imperiums zurückreichen und das es verstand, unauffällig und ungreifbar zu bleiben. Nunmehr strebt das „Geschäft“ nach höheren Zielen: einem Sitz in den Vereinten Nationen.
Kate Telman wird ausgewählt, um die Verhältnisse in dem Himalaja-Zwergstaat Thulan zu überprüfen, der von dem „Geschäft“ übernommen werden soll, um auf diese Art und Weise an die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen zu gelangen. Die Protagonistin soll sogar die Residentin des „Geschäfts“ in Thulan werden, doch das sie ihr Arbeitgeber manipulieren will, bemerkt sie erst, als ihr der Prinz von Thulan einen Heiratsantrag macht.
Der Roman sieht viele Handlungsschauplätze: Die Protagonistin reist zwischen England, den USA, Thulan und der Schweiz hin und her. Bei ihren Recherchen kommt sie einem Betrug zum Schaden des „Geschäfts“ auf die Spur, den sie durchaus zu ihrem Vorteil zu nutzen weiß. Unklar bleibt allerdings, aus welchen Gründen sie sich gegen Ende des Romans nach Thulan zurückzieht: Ist ihr Sinneswandel echt oder versucht sie nur eventuellen Racheakten des „Geschäfts“ aus dem Weg zu gehen?
DIE AUFSTEIGERIN ist ein Wirtschaftskrimi in einem globalen Rahmen. Der Roman ähnelt in keiner Weise den bisherigen Non-SF-Romanen des Autors, womit er seine Vielseitigkeit erneut unter Beweis stellt. Von der Parallele abgesehen, daß Banks auch in DIE AUFSTEIGERIN das Geschehen souverän zu inszenieren und zu erzählen weiß und damit sowohl in der Darstellung der Handlungsorte als auch in den Handlungsabläufen einen überzeugenden Realismus erreicht. Da es in VERSCHWOREN und in DIE STRASSE DER KRÄHEN (auch) um Morde ging, ist es vielleicht interessant zu erwähnen, daß der einzige Schockeffekt in dem vorliegenden Roman gezogene Zähne sind – für den Plot nicht unwichtig übrigens.
Und das Konzept des „Geschäfts“, das etwas an die spirituelle Weltverschwörung in Umberto Ecos DAS FOUCAULTSCHE PENDEL erinnert, hier aber eine kommerzielle ist, mag, wenn es denn unbedingt sein muß, als phantastisches Element durchgehen – wenn das „Geschäft“ noch nicht aktiv ist, natürlich.

 

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