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Marion Zimmer Bradley
DER
SOHN DES VERRÄTERS
„Traitor‘s
Son“, 1999, Nachdruck, aus dem Amerikanischen von Fred Kinzel,
Knaur-TB 70305, 2002, 702 Seiten, 8,90 €.
Coverzeichnung: N. N.
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DER
SOHN DES VERRÄTERS ist in zweifacher Hinsicht der letzte Band des
DARKOVER-Zyklusses: Zum einen ist er der letzte der drei DARKOVER-Romane,
die die US-amerikanische Autorin vor ihrem Tod schrieb, zum anderen schildert
er die jüngsten Geschehnisse in der Historie des Planeten der roten
Sonne. Die Handlung spielt etwa eineinhalb Jahrzehnte nach den vorangegangenen
Romanen, ASHARAS RÜCKKEHR (u. a. Knaur-TB 60971, Rezension in FO
145) und DIE SCHATTENMATRIX (u. a. Knaur-TB 62148, Rezension in FO 148).
Die Protagonisten der ersten zwei Romane, Marguerida Alton und Mikhail
Lanart-Hastur sind inzwischen Eltern zweier Kinder, u. a. ihres Sohnes
Domenic, der im Laufe des Roman eine Verschwörung aufdecken wird.
Der langjährige Herrscher Darkovers, Regis Hastur, erliegt einem
Schlaganfall, und Herm Aldaran, langjähriger Senator Darkovers bei
der Föderation, kehrt nach Darkover zurück, nachdem ihn seine
Laran- bzw. PSI-Kräfte vor dem Putsch der Premierministerin der Föderation
gewarnt haben. Herm Aldaran ist übrigens DER SOHN DES VERRÄTERS,
weil sein Vater als Herrscher der Domäne Aldaran mit den Terranern
ein Bündnis eingegangen ist.
Es lag nahe, den DARKOVER-Zyklus mit dem Abzug der Föderation enden
zu lassen, weil sie den Planeten inzwischen für unbedeutend hält.
Die Wiederentdeckung Darkovers durch die Föderation (der Planet wurde
von versprengten Kolonisten besiedelt) und die Gegensätze der beiden
Kulturen boten immerhin Stoff für einige zum Teil bemerkenswerte
Romane des Zyklusses. Ob der Zerfall der Föderation, ihre Entwicklung
zu einem totalitären Regime über seine Eigenschaft als dramaturgisches
Element hinaus eine Einschätzung der US-Gesellschaft durch die Autorin
darstellt, muß dahingestellt bleiben – angesichts der simplifizierenden
Darstellung ist das aber zugegebenermaßen wenig wahrscheinlich.
Kein Verständnis für den Entschluß der Föderation,
ihren Stützpunkt auf Darkover aufzugeben, zeigt der ehrgeizige terranische
Resident, Lyle Belfontaine. Er initiiert Angriffe sowohl auf Burg Comyn,
die Residenz der Comyn (die PSI-begabten Familien Darkovers), als auch
auf den Trauerzug, der Regis Hastur zu seiner letzten Ruhestätte
begleiten soll, um anschließend auf Bitten der Überlebenden
die Macht auf Darkover übernehmen zu können – und damit
die Föderation zum Bleiben zu bewegen. Doch mit ihren außergewöhnlichen
Laran-Kräften können Marguerida Alton und Mikhail Lanart-Hastur
die Attacken abwehren.
Es ist erstaunlich, daß die Föderation trotz der verlorenen
Schlacht abzieht – obwohl gerade der Verlust von einigen hundert
Soldaten sie auf Darkover aufmerksam machen müßte, auch wenn
den Überlebenden des Kampfes durch PSI-Eingriffe die Erinnerung an
die Einzelheiten des Massakers genommen wurde. Andererseits wird die Föderation
ohnehin politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich als inkompetent
dargestellt. Da wundert es nicht, daß Lyle Belfontaine, auch wenn
er eigennützige Motive verfolgt, wie ihr Abziehbild agiert.
Der DARKOVER-Zyklus ist zweifellos ein interessanter und reizvoller Zyklus,
zu dem sich in der Science Fiction nichts vergleichbares findet. DER SOHN
DES VERRÄTERS reicht allerdings nicht an seine besten Romane ist
heran: Die Haupthandlung ist zu einfach und zu wenig plausibel konstruiert,
und die Schilderungen des Familienlebens der Protagonisten, ihrer Gegensätze,
Auseinandersetzungen und Versöhnungen, sind zu umfangreich. DER SOHN
DES VERRÄTERS ist nicht nur der schlechteste der jüngsten drei
DARKOVER-Romane. Die Sentimentalität der Autorin ist offenbar der
Grund dafür, daß ihr auch ein zufriedenstellender Abschluß
des DARKOVER-Zyklusses mißlang.
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