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Peter Straub
SCHATTENSTIMMEN
„In
the Night Room“, 2004, deutsche Erstausgabe, aus dem Amerikanischen
von Christine Roth-Drabusenigg, Heyne Paperback 56508, 2006, 400
Seiten, 12,00 EUR.
Coverzeichnung: Hauptmann und Kampa Werbeagentur.
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SCHATTENSTIMMEN
ist die Fortsetzung von HAUS DER BLINDEN FENSTER (Heyne Paperback 43000),
in dem der Schriftsteller und Vietnamveteran Tim Underhill, einer von
Straubs bevorzugten Protagonisten, das Verschwinden seines Neffen Mark
in seiner Geburtsstadt Millhaven aufklärte. Der Roman deutete an,
dass Mark nicht etwa getötet wurde, sondern seinem Verfolger in eine
Welt neben der unseren entkommen konnte.
In SCHATTENSTIMMEN ist Tim Underhill nach New York zurückgekehrt.
Er erhält eine Reihe von mysteriösen E-Mails und begegnet bei
seinen Lesungen nicht nur einem aufdringlichen Autogramm- und Büchersammler,
sondern auch der Kinderbuchautorin Willy Bryce Patrick, die vor den Häschern
ihres zukünftiges Ehemannes flieht. Schnell erkennt Underhill, wenn
er mit Willy Patrick vor sich hat, nämlich die Hauptfigur aus seinem
neuesten Roman. Und auch, welche Rolle ihr bestimmt ist. Gemeinsam fahren
Underhill und Patrick nach Millhaven.
Ein Detail aus HAUS DER BLINDEN FENSTER ist der Aufhänger für
den neuen Roman Straubs. Tim Underhill ging in seinem gleichnamigen Buch
davon aus, dass der Serienkiller Josef Kalender auch seine Tochter tötete,
der Underhills Neffe in einer anderen Welt begegnete. Tatsächlich
hat Kalenders Tochter jedoch in einem Waisenhaus und bei Adoptiveltern
überlebt. Für seinen literarischen Kunstgriff muss Underhill
mit dem Verlust einer eigenen Figur büßen, in die er sich im
Laufe der Handlung verliebte. Das mutet beinahe wie Selbstkritik an...
Es ist zwar einmalig in Straubs Werk, dass er die Figuren seines Alter
Egos zum Leben erweckt, doch originell ist es nicht, zumal Willy Bryce
Patrick zunächst als wenig selbstbewusste Frau dargestellt wird,
die sich von ihrem zukünftigen Ehemann gängeln lässt, sich
erst von ihm löst, als sie erkennt, dass er ihren früheren Partner
und ihre Tochter umgebracht hat, was sich als Fiktion Underhills herausstellt
usw. usf.
Den nahtlosen Wechsel zwischen realen und literarischen Protagonisten
ist dem Waliser Autor Jasper Fforde in seinen Romanen DER FALL JANE EYRE
(dtv premium 24379), IN EINEM ANDEREN BUCH (dtv premium 24430), IM BRUNNEN
DER MANUSKRIPTE (dtv premium 24464) und ES IST WAS FAUL (dtv premium 24568)
wesentlich besser gelungen, zwar in einem anderen Genre, mit anderen Intentionen,
teilweise vor und sicherlich unabhängig von Straub und vice versa.
Aber vielleicht hätte Straub durchaus von der Lektüre der Bücher
profitieren können.
Die interessante Idee des Romans ist noch die Suche des aufdringlichen
Verehrers Underhills nach dem „wahren Buch“, dem perfekten
Roman, von dem sich nur zwei oder drei Exemplare in der gesamten Auflage
finden.
SCHATTENSTIMMEN vermag nicht zu überzeugen. Wies HAUS DER BLINDEN
FENSTER noch zumindest teilweise die Qualitäten der früheren
Romane des Autors auf, so hat sich Peter Straub mit SCHATTENSTIMMEN selbst
in die Reihe der ehemals ambitionierten und originellen Autoren gestellt,
die sich nur noch selbst plagiieren.
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