Ulrike Nolte

DIE FÜNF SEELEN DES AHNEN

Originalausgabe, Atlantis Verlag, 2006, 227 Seiten, 12,90 EUR.
Coverzeichnung: F. Fiedler.

DIE FÜNF SEELEN DES AHNEN ist nach JÄGERWELTEN (Argument/Ariadne Verlag, 2000) der zweite Roman der bundesdeutschen Autorin Ulrike Nolte. Es ist auch ihr größer Erfolg, was den Gewinn von Literaturpreisen angeht: Für DIE FÜNF SEELEN DES AHNEN gewann sie den (mit immerhin 1.000 EUR dotierten) SCIENCE FICTION PREIS DEUTSCHLAND 2007 des SFCD, außerdem belegte der Roman bei der Vergabe des KURD LASSWITZ-Preises den dritten Platz.
Die Autorin bedient sich als Grundmotiv des Exodus' von der Erde. Die Menschheit hat ihren Planeten nach einer ökologischen Katastrophe in einer Reihe von Generationenraumschiffen verlassen, den sogenannten „Archen“. Eine von ihnen, die Arche 32, entdeckt nach einem jahrhundertelangen Flug einen Wasserplaneten. Serail und sein Partner Caravan gehören zu den ersten Crewmitgliedern, die auf dem Planeten abgesetzt werden – es überrascht, mit welcher Sorglosigkeit ...! Caravan begegnet einer einheimischen Lebensform, verschwindet und taucht verändert wieder auf.
Während Caravan sich selbst und seine Umgebung wiederentdeckt, brechen an Bord der Arche 32 Machtkämpfe auf, immerhin nicht nur um die Herrschaft an Bord des Schiffes (Oligarchie versus Demokratie), sondern auch darüber, ob es angesichts der Geschichte der Menschheit vertretbar ist, den Wasserplaneten zu besiedeln. Die Autorin entwirft ein sehr detailliertes, atmosphärisch dichtes Bild des Lebens an Bord der Arche, das sich aus Jahrhunderten der Untätigkeit und der Enge entwickelt hat. Es wird zwar erfahrene SF-Leser nicht überraschen, dass sich Caravan als Bewohner der Archensee entpuppt, doch der Autorin gelingt ein überzeugender und innovativer Entwurf einer nichtmenschlichen Lebensform.
Auch die Interessengegensätze zwischen den Passagieren der Arche 32 und den Bewohner der Archensee vermag sie damit aus ihrer Welt zu schaffen. Es stellt sich heraus, dass beide Spezies von einer Kooperation nur profitieren werden. Im Grunde könnte DIE FÜNF SEELEN DES AHNEN an dieser Stelle enden, zumal die Machtkämpfe an Bord der Arche 32 entschieden sind. Doch vielleicht war das der Autorin zuviel der Harmonie: Eine weitere Arche erscheint im Sonnensystem des Wasserplaneten, die weitere, gänzlich anders geartete Komplikation schafft.
Bemannt in die Arche 16 von Schwarzen, die sich als „Jäger“ bezeichnen, regelmäßig die Archensee ausbeuten und darüber hinaus die Arche 32 unter Kontrolle bringen wollen. Die Wahl dieser Feinde ist zwiespältig, auch wenn sie die Autorin zu relativieren versucht („Schwarze Menschen waren selten und kostbar auf der Arche, von einer mystischen Aura umhüllt.“ [Seite 199]). Ein Team von der Arche 32 und von der Archensee bricht auf und schaltet die Bedrohung aus, obwohl die Bewohner der Archensee bereits in der Gestalt von Caravan ihre Eigenschaften und Leistungen unter Beweis stellen konnten. Auch von dem hohen Handlungstempo her passen diese Passagen – sie spielen auf den letzten 30 Seiten – nicht zu der übrigen Handlung.
DIE FÜNF SEELEN DES AHNEN gibt sich ambitioniert und kann diesem Anspruch überwiegend gerecht werden. Der Roman zeigt damit, dass es auch in der deutschen SF noch etwas anderes als Military-SF gibt. Der inhaltliche Zusammenhang zu dem letzten, eher überflüssigen Teil des Roman ist aber nur notdürftig hergestellt und beeinträchtigt den positiven Eindruck.

 

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