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Tobias Bachmann
KALEIDOSKOP
DER SEELE
Überarbeiteter
Nachdruck, Atlantis, ISBN 978-3-936742-75-6, 2008, 194 Seiten,
12,90 EUR.
Coverzeichnung: Mark Freier.
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KALEIDOSKOP
DER SEELE ist nach NOVALIS' TRAUM (2006) und DAS ARKHAM-SANATORIUM (2007,
gemeinsam mit Markus K. Korb) die dritte Veröffentlichung des Autors
im Atlantis Verlag. Bei KALEISDISKOP DER SEELE handelt es im Gegensatz
zu den anderen Bänden nicht um eine Erstveröffentlichung, sondern
um einen überarbeiteten und ergänzten Nachdruck. Die Originalausgabe
erschien unter demselben Titel vor acht Jahren im Qwertz Verlag, Berlin.
KALEIDOSKOP DER SEELE enthält Kurzgeschichten aus etwa eineinhalb
Jahrzehnten, von 1993 bis 2007. Tobias Bachmann zeigt sich in den Stories
als Autor, der (überwiegend) klassische Horror-Motive bevorzugt.
Die ersten Stories sind relativ kurz, auch wenn mit „Krotus“
ein längere Text am Beginn der Sammlung steht. Ein lebensmüder
Amerikaner nimmt es in den Alpen (sic!) mit einem Monster auf, das eine
Frau verflucht hat. In den übrigen Stories wird das Ziel, die Pointe,
direkt anvisiert. So in „Höhlenmalerei“, in der der Forscher
das Opfer seiner eigenen Angst wird; in „Nietzsches Zarathustra“,
in der kannibalische Buchhändler über eine Kundin herfallen;
in „Und Jesus lachte ...“, in der derselbe makabere Scherze
mit Kirchenbesuchern treibt.
Der Autor beginnt mit „Steine I: Das Tagebuch des Großmeisters“
einen dreiteiligen Zyklus, in dem er den Cthulhu-Mythos H. P. Lovecrafts
aufgreift. In diesen Stories steht Stonehenge und sein düsteres Geheimnis
im Mittelpunkt. Danach werden die nur zwei- bis dreiseitigen Kurzgeschichten
zur Ausnahme in KALEIDOSKOP DER SEELE.
„Der eigenartige Abend bei Herrn Bojewski“ läuft auf
einen Identitätswechsel hinaus. „Der Wolfsorden“ und
„Des Scheiterhaufens Überleben“ sind brutaler und gleichen
sich auch inhaltlich: In beiden Texten wird ein junges Mädchen von
einem okkulten Orden gefoltert und getötet. Mit „Steine II:
Der Tod, der aus Stonehenge kam“ wird der Cthulhu-Zyklus fortgesetzt.
In „Aus dem Tunnel“ sieht sich die Menschheit ebenfalls dem
verheerenden Angriff eines alten Feindes ausgesetzt, jedoch eines gänzlich
anderen. „Steine III: Wehe, wenn sie schlüpfen“ ist die
letzte Cthulhu-Story und beendet KALEIDOSKOP DER SEELE.
Vor allem in den umfangreicheren Kurzgeschichten vermag es der Autor gekonnt,
eine bedrohliche und/oder geheimnisvolle Atmosphäre aufzubauen, zu
halten und damit die klassischen Horror-Motive adäquat umzusetzen.
Die kürzeren Pointenstories bleiben durchaus unterhaltsam.
In zwei, in der Gegenwart angesiedelten Kurzgeschichten muss Tobias Bachman
die Plausibilität der Handlung dehnen, um seine Plots realisieren
zu können. In „Überstunden“ begegnet in einem Fahrstuhl
ein Angestellter seinem Chef. Der Fahrstuhl bleibt stecken. Der Chef offenbart,
dass er seine Frau ermordet hat, worauf er getötet wird. Warum offenbart
er sein Geheimnis ...?! Zum Opfer eines Anschlages wird in „Latenight
Radio Waves“ ein Radiomoderator. Der Bruder der Ex-Freundin des
Moderators will seine tote Schwester rächen und erhält eine
Kenntnis von der geheimen Seite letzterer, was den Radiomoderator nicht
rettet. Die Story mutet konfus an.
Die Grenzen des guten Geschmacks touchieren die Rache- und Splatterstory
„Die Stoibers“ und die Vergewaltigungsgeschichte „Der
Pakt des Sexus“. In letzterer wird zum Schluss immerhin auch der
Protagonist zum Opfer, wenn auch von seinesgleichen.
Sein Repertoire rundet Tobias Bachmann mit zwei SF-Stories ab. „Wasser“
ist noch im Stil klassischer Horrorgeschichten verfasst, d. h. in Form
eines Rückblicks: Der Protagonist entdeckt die Wasservorräte,
die von der Regierung geheim gehalten wurden. „Die fehlende Stunde“
ist dagegen linear erzählt, auch wenn der Text zunächst verwirrend
erscheint. Der Protagonist „verliert“ eine Stunde, kann sich
nicht daran erinnern, was in diesem Zeitraum geschehen ist. Der Grund
entpuppt sich als wenig geheimnisvoll: Er soll aus einer virtuellen Welt
zurückgeholt werden, die mit der Realität zu verschwimmen beginnt.
Der Protagonist erschießt zum Schluss seine Frau und deren Liebhaber,
obwohl ihm erstere mitgeteilt hatte, dass sie von ihm schwanger ist ...
Das passt nicht zusammen, aber bewegt sich wohl noch innerhalb des Spielraums,
den Autoren für die Gestaltung ihrer Handlungen genießen.
Den direkten Vergleich mit NOVALIS TRAUM verliert DAS KALEIDOSKOP DER
SEELE. Die (Traum-) Stories sind origineller als die in DAS KALEIDOSKOP
DER SEELE zusammengefassten Texte, was jedoch angesichts ihrer ungleich
größeren Bandbreite, was die Entstehungszeitpunkte und die
Inhalte angeht, nicht besonders überrascht. DAS KALEIDOSKOP DER SEELE
ist vor allem Lesern zu empfehlen, die wie der Autor ein Faible für
klassische Horrorgeschichten haben. In ihnen liegen die Stärken des
Autors.
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