Jack McDevitt

HEXENKESSEL

„Cauldron“, 2007, deutsche Erstausgabe, aus dem Amerikanischen von Frauke Meier, Bastei/Lübbe SFTB 24377, ISBN 978-3-404-24377-8, 2008, 557 Seiten, 8,95 EUR.
Coverzeichnung: Bob Eggleton.

Wer erwartet hatte, dass der enttäuschende Band ODYSSEE (Bastei/Lübbe-SFTB 24369, 2007) das Ende des Romanzyklusses um die Raumpilotin Priscilla Hutchins markiert hätte, wird von HEXENKESSEL eines Besseren belehrt.
Priscilla Hutchins ist die Haupt- bzw. Nebenfigur in fünf Romanen des US-amerikanischen Autors Jack McDevitt, die eine seiner zwei Future Histories bilden. In GOTTES MASCHINEN (Bastei/Lübbe-SFTB 24208, 1996), DIE SANDUHR GOTTES (Bastei/Lübbe-SFTB 24231, 2001) und CHINDI (Bastei/Lübbe-SFTB 24328, 2002) ist sie die Pilotin von Raumschiffen, die diverse außerirdische Artefakte und Phänomene erforschen. In OMEGA (Bastei/Lübbe SFTB 24341,2003 ) agiert sie als Direktorin der Raumfahrtakademie auf der Erde; die Rettung einer nichtmenschlichen Zivilisation vor den vernichtenden Omega-Wolken besorgen andere Raumschiffcrews. In ODYSSEE begegnet die Menschheit erstmals einer raumfahrenden außerirdischen Spezies und wird von ihr angegriffen; die Raumfahrtakademie steht vor ihrer Schließung.
GOTTES MASCHINEN, DIE SANDUHR GOTTES, CHINDI und OMEGA sind originelle Space Operas, die sich in einem unspektakulären Rahmen abspielen (die Menschen sind mit unbewaffneten, engen Raumschiffen nur wenige hundert bis tauschend Lichtjahre von der Erde entfernt unterwegs) und nahe der Gegenwart angesiedelt sind, auch ihre Probleme widerspiegeln. Vor allem durch die Artefakte (die das Ausmaß eines planetoidengroßen Raumschiffs annehmen können) untergegangener Zivilisationen gelangen dem Autor faszinierende Entwürfe fremder Welten. Von DIE SANDUHR GOTTES teilweise abgesehen, da der Roman von der Dramatik einer ums das Überleben kämpfenden Crew beherrscht wurde.
In ODYSSEE fand sich davon nichts. Zwar war es naheliegend, erstmals raumfahrende Außerirdische auftreten zu lassen, überwiegend schilderte der Roman jedoch diverse Intrigen um das Ende des Raumfahrtprogramms.
In HEXENKESSEL wird die interstellare Raumfahrt nur noch von einer privaten Organisation, der „Prometheus Foundation“, und einigen Konzernen betrieben. Die Havarie eines der zwei Foundation-Raumschiffe motiviert den Physiker Jon Silvestri dazu, der Organisation ein neuartiges Antriebssystem anzubieten, das interstellare Reisen erheblich beschleunigen soll. Der zweite Testflug gelingt, die die Foundation rüstet eine Expedition, bestehend aus zwei Raumschiffen, aus, die u. a. in die Nähe des galaktischen Zentrums fliegen soll, aus der die vernichtenden Omega-Wolken stammen. An Bord eines der Schiffes ist Priscilla Hutchins, natürlich als Pilotin.
Der neuartige Locarno-Antrieb ermöglicht es der Expedition selbstverständlich auch, diverse andere galaktischen Rätsel zu lösen, so den Ursprungsplaneten des entvölkerten, unterlichtschnellen Generationenraumschiffes aus CHINDI zu finden und die Quelle einer vierzehntausend Jahre alten Funkübertragung aufzusuchen. Ein schwarzes Loch entpuppt sich als neues Rätsel, das nicht gelöst werden kann. Und auch der Urheber der Omega-Wolken wird entdeckt, und offenbart den Grund für den Bau seiner todbringenden Kreationen.
HEXENKESSEL ist sehr unausgewogen. Die Vollendung des Locarno-Antriebes inklusive der Testflüge nimmt die Hälfte des Romans in Anspruch. Und der Aufbruch der Foundation-Expedition in das galaktische Zentrum erfolgt nicht unmittelbar darauf. Die Ziele der Expedition werden – im Vergleich zu GOTTES MASCHINEN, CHINDI und OMEGA – lediglich gestreift. Hutchins und ihre Begleiter finden nichts Überraschendes vor, von einer Ausnahme abgesehen, die an die Faszination der drei Romane erinnert. Der Schöpfer der Omega-Wolken erfährt deutlich mehr Aufmerksamkeit (und Umfang). Seine Motive sind zwar nachvollziehbar, aber nicht innovativ, so dass es vielleicht sinnvoller gewesen wäre, dieses Rätsel nicht zu lösen.
Genau wie ODYSSEE bleibt auch HEXENKESSEL hinter GOTTES MASCHINEN, CHINDI und OMEGA zurück. Es ist schwer, zu entscheiden, welcher der zwei Romane dem Leser, der die Romane um Priscilla Hutchins zu schätzen gelernt hat, die größere Enttäuschung bereitet. Wegen der Reminiszenzen an die früheren, besseren Romane des Zyklusses vermag HEXENKESSEL einige Pluspunkte mehr für sich verbuchen.

 

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