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Iain Banks
FÖRCHTBAR
MASCHIEN
"Feersum
Endjinn", 1994, deutsche Erstausgabe, aus dem Englischen
von Horst Pukallus und Michael K. Iwoleit, Heyne SFTB 6325, 2000,
399 Seiten, 18,90 DM.
Coverzeichnung: Thomas Thiemeyer.
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FÖRCHTBAR
MASCHIEN ist nach VOR EINEM DUNKLEN HINTERGRUND (Heyne SFTB 5640) der
zweite SF-Roman von Iain Banks, der allenfalls einen losen bis kontruierbaren
Hintergrund zu seinem KULTUR-Zyklus aufweist. Und ein Endzeit-Roman, der
von einer klassischen Ausgangssituation ausgeht: Die Erde ist größtenteils
verlassen, die Zurückgebliebenen haben das Verständnis für
die anspruchsvollere Technologie ihrer Vorfahren verloren und werden überdies
von einer kosmischen Katastrophe bedroht.
Banks verwendet in FÖRCHTBAR MASCHIEN aber auch modernere Elemente
der SF wie virtuelle Welten und via Genmanipulation geschaffene Chimären.
Er schafft vier Handlungsebenen, die sich am Ende des Romans miteinander
verbinden.
Ihre Protagonisten sind das Mädchen Asura, das in der Wiedergeburtskammer
einer Familiengruft auftaucht und nach ihrer Identität sucht; Hortis
Gadfium, die sich als Chefwissenschaftlerin mit den Geheimnissen des Festenturms
beschäftigt (eines Sternenfahrstuhls); der Fehlherr Alandre Sessine,
der sein letztes physisches Leben verliert und zu einer virtuellen Existenz
gezwungen wird; Baskül, ein Mediator der Krypta, der Datensphäre
der Festenturms, normalerweise ein Informationssammler, der sich nunmehr
aber auf die Suche nach einer Ameise begibt (sic!).
Ihr Ziel (das sich erst im Laufe der Handlung als ihr gemeinsames herausstellen
wird) ist die Abwehr der drohenden Verfinsterung, einer Staubwolke, die
sich dem Sonnensystem nähert, durch die Reaktivierung der Abwehrmechanismen
des Festenturms. Sie müssen sich gegen die Interessen die Herrschenden
durchsetzen, die in zwei Gruppen zerfallen sind und gegeneinander Krieg
führen. Banks weiß die Sujets, die er für FÖRCHTBAR
MASCHIEN ausgewählt hat, gekonnt zu handhaben, eine vielschichtige
Handlung aufzubauen und seine Geschichte routiniert zu erzählen.
Störend ist allenfalls, daß Asura gegen Ende der Handlung einige
Hintergründe in einem Monolog offenbaren muß.
FÖRCHTBAR MASCHIEN stellte inhaltlich für Banks offenbar keine
Herausforderung dar, so daß er ein sprachliches Experiment wagte.
Die Passagen, in denen Baskül von seinen Erlebnissen berichtet, sind
durchweg phonetisch verfaßt, wobei die Transkription ihren eigenen
Regeln folgt, dadurch aber nicht unverständlich wird. Es erfordert
lediglich einige Geduld, sich in die phonetischen Kapitel einzulesen,
und ihre Lektüre setzt die Lesegeschwindigkeit herab, zumal es sich
um die umfangreichsten handelt, was nicht mehr als angebracht erscheinen
läßt, noch von einem Experiment zu sprechen, sondern von einem
Stilmittel (das den Übersetzern offenbar adäquat zu übertragen
gelang).
Der Exodus der Menschheit, der den Geschehnissen in FÖRCHTBAR MASCHIEN
vorausgegangen ist, könnte die Geburtsstunde der Kultur, deren Lebensraum
das Weltall ist, gewesen sein – soweit der mögliche Zusammenhang
zum KULTUR-Zyklus.
Banks ist mit FÖRCHTBAR MASCHIEN eine überzeugende Modernisierung
eines klassischen Themas der SF gelungen, die freilich nicht neben seinen
KULTUR-Romanen und auch nicht neben VOR EINEM DUNKLEN HINTERGRUND bestehen
kann. Dort waren die Modernisierung, ja die Weiterentwicklung klassischer
Elemente der SF konsequenter und kompromißloser, die Geschehnisse
spektakulärer und die Erzählweise packender. Das ist freilich
ein Fazit, das vor allem zustande kommt, weil Banks' bessere (SF-) Romane
vor FÖRCHTBAR MASCHIEN erschienen sind.
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