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Barbara Slawig
FLUGVERBOT
2000,
Nachdruck, Social Fantasies 5015 (Argument Verlag), 2003, 253
Seiten, 14,00 EUR.
Coverzeichnung: Martina Pilcerova.
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FLUGVERBOT
erschien als Hardcoverausgabe unter dem Titel DIE LEBENDEN STEINE VON
JARGUS im Haffmans Verlag und sollte als Taschenbuch von Heyne unter dem
Titel JARGUS nachgedruckt werden. Nachdem der Roman aus dem Heyne-Programm
gestrichen wurde macht nunmehr der Argument Verlag den ersten und bislang
einzigen Roman Barbara Slawigs wieder zugänglich, übrigens unter
dem ursprünglichen Titel (der Haffmans-Titel wurde zum Untertitel).
Außerdem wurde die Taschenbuchausgabe (laut Impressum) „behutsam
überarbeitet“.
Die Autorin wählt einen konventionellen Hintergrund für ihren
Roman: Der Krieg des Kolonialplaneten Volga gegen Terra liegt mehrere
Jahre zurück. Doch es war nicht nur ein Kampf um Unabhängigkeit,
sondern auch einer um politische Systeme. Terra wird vom „Synarchon
Stabiler Systeme“ regiert, an deren Spitze die ANACs, offenbar eine
Art von KIs, stehen, die nur wenige Veränderungen zulassen, um Katastrophen
wie beispielsweise jene, die die Erde verwüstet hat, zu vermeiden.
Volga kämpfte sich aus dieser, so wie die Volganer es einschätzen,
Bevormundung frei, muß allerdings auf die Kapazitäten der ANACs
verzichten.
Bereits damit gleicht FLUGVERBOT nicht mehr anglo-amerikanischer Science
Fiction mit ähnlicher Themenwahl. Die Autorin legt großen Wert
darauf, sich von anglo-amerikanischer SF abzusetzen, auch durch andere
Stilmittel: So sind die militärischen Ränge und die Bezeichnungen
von Gebäuden u. ä. unverkennbar dem Spanischen entlehnt. (Aber
warum sollte das auch unplausibel erscheinen?! Nach einer Katastrophe
müssen nicht zwangsläufig die USA oder ihr Nachfolger die beherrschende
Macht auf der Erde werden.)
Jargus wird von Volga regiert. Der für Menschen ungeeignete Planet
zeichnet sich durch die lebenden Steine aus, eine Lebensform, die sich
von Energie ernährt und Kristallgärten hinterläßt,
die sich wirtschaftlich nutzen lassen. Als es in den Forschungslabors
der Kuppelstation auf Jargus zu einer Reihe von Störfällen kommt,
wird der Kommissar David Woolf zu deren Aufklärung entsandt. Bereits
kurz nach seiner Ankunft trifft er auf die Deserteurin Jeanne Andrejew,
die offenbar auch in Schmuggelgeschäfte verwickelt ist.
Slawig webt in FLUGVERBOT ein sehr dichtes Handlungsgeflecht, in dem die
Protagonisten und ihre Motive aufeinanderprallen: Kommissar Woolf in seinem
ersten Fall, den er unbedingt aufklären will, Jeanne Andrejew, deren
Vergangenheit und deren Pläne undurchsichtig bleiben und die sich
Verfolgungen durch den Stationskommandanten ausgesetzt sieht, die Wissenschaftler
des Forschungslabors, die sich von dem ANAC, den ihnen das Synarchon zur
Verfügung gestellt hat (mit Billigung Volgas), Durchbrüche in
ihrer Arbeit erhoffen. Vor allem das erste Drittel des Romans enthält
viele Informationen über die Zukunftswelt und die Protagonisten.
Auch die Beziehungen zwischen diversen Frauen und Männern, so auch
zwischen Andrejew und Woolf, sind nicht unwichtig für die Entwicklung
der Handlung. Diese wird es in der Zukunft genauso wie heute geben, warum
also sollten sie nicht angemessen dargestellt werden?! So kommt Woolf
in seinen Ermittlungen erst voran, als er Jeanne Andrejew zur Kooperation
bewegen kann (wenn auch mit einem gewissen Druck).
Neben der Informationsflut zu Beginn vielleicht ist es nur diese Unausgewogenheit,
die sich an FLUGVERBOT kritisieren läßt, denn bei den Geschehnissen,
die zur Aufklärung der Störfälle führen, hat der Roman
das letzte Drittel bereits erreicht. In diesen Passagen beschreibt die
Autorin auch eine spektakuläre Actionszene, die freilich ebenso konventionell
anmutet wie die handlungsreichste Szene zuvor (eine Prügelei Andrejews
mit zwei Soldaten), ohne daß jedoch behaupten ließe, daß
nur diese Schilderung den vorherigen Teil des Romans interessant gemacht
hätte.
Es ist höchst erfreulich, daß sich der Argument Verlag des
Debütromans Barbara Slawigs angenommen hat (auch wenn eine Heyne-Ausgabe
vermutlich kostengünstiger gewesen wäre). Die Autorin mit FLUGVERBOT
eine widerspruchslose Zukunftswelt, lebendige Protagonisten, plausible
Handlungsstränge, einen knappen und sauberen Stil, alles in allem
einen eigenständigen und überzeugenden Roman vorgelegt.
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