Robert Charles Wilson

BIOS

„Bios“, 2003, deutsche Erstausgabe, aus dem Amerikanischen von Hendrik P. und Marianne Linckens, Heyne TB 644, 2003, 254 Seiten, 6,95 EUR.
Coverzeichnung: Jim Burns.

BIOS ist nach DARWINIA (Heyne TB 6412) der zweite in einer deutschen Übersetzung vorliegende Roman des US-amerikanischen Autors Robert Charles Wilson. Während es sich bei DARWINIA um einen Parallelweltroman handelt – Europa verschwindet 1912 und wird durch den Kontinent Darwinia ersetzt – ist BIOS ein Weltraumabenteuer, das mit etwa 250 Seiten ungewöhnlich dünn ist und sich damit vom Trend (zu dicken Büchern) der letzten Jahren und Jahrzehnte abhebt, was nicht von vorneherein ein Nachteil sein muß.
Isis ist der erste erdähnliche Planet, den die Menschheit entdeckt hat, fatalerweise sind seine Mikroorganismen für die Menschen tödlich, so daß die Erforschung des Planeten nur von hermetisch abgeschotteten Stationen aus erfolgen kann. Im Laufe des Romans eskaliert die Situation. Die Meeresstation wird zerstört, die Stützpunkte an Land müssen evakuiert werden und auch die Raumstation wird kontaminiert. Auch Zoe Fisher, die zu Anfang des Romans auf Isis eintrifft und nicht nur mit einem neuartigen Equipment aufwarten kann, sondern auch genetisch verändert ist, vermag keine Wende der tödlichen Situation herbeizuführen.
Wilson bedient sich in BIOS eines der Standardthemen der Science Fiction, den Problemen bei der Erforschung eines fremden Planeten. Es ist in dem Sub-Genres der Space Operas zwar selten, daß ein Planet wie Isis den menschlichen Forschern Widerstand wie Isis leistet, aber der ist auch nicht von Dauer, wie Wilson in dem letzten Kapitel von BIOS deutlich macht. Ähnliches gilt auch für das Geheimnis von Isis, das Zoe Fisher nicht in der Mikrobiologie findet: zwar wenig genutzt, aber nicht prinzipiell neu.
Der Handlungshintergrund mutet dagegen etwas seltsam an: Die Seuchenkatastrophe, die im 21. Jahrhundert die Menschheit auf der Erde schwer traf, führte zur Machtübernahme durch eine Reihe von Konzernen (die in BIOS pauschal unter „Kartell“ firmieren) und von aristokratischen Familien. Die Renaissance des Adels macht keinen Sinn, da ein Blick in die Geschichte zeigt, daß der Einfluß des Adels spätestens mit der Einführung von industriellen Produktionsmethoden zu schwinden begann; freilich lebt der Autor in einem Land, in dem dieser Prozeß nie stattgefunden hat. Und zur Machtübernahme der Konzerne läßt sich fragen: Warum erst im 21. Jahrhundert?! Weshalb bedurfte es dazu einer Seuche...?!
Immerhin verhält sich das Kartell konsequent: Isis soll nicht kolonisiert werden (die eingeschränkten Transportkapazitäten lassen eine Auswanderung in großem Stil aus dem Sonnensystem auch nicht zu), sondern als Rohstoffquelle für die Pharmaindustrie und als Sprungbrett für die weitere Erforschung des Weltraums.
Wilson hat in den ca. 250 Seiten seines Romans viele Informationen und die notwendige Handlung untergebracht, um den Plot aufzubauen, der einen Umfang von beispielsweise 400 bis 500 Seiten nicht getragen hätte. Es ist erfreulich, daß er sich diese (Selbst) Beschränkung auferlegte. Die Variation von Standartthemen des Genres wird aber mit einem diffusen Handlungshintergrund gepaart (vielleicht hätte Wilson einige Seiten mehr für einen plausibleren Zukunftsentwurf verwenden sollen...), so daß BIOS nicht völlig zu überzeugen vermag.

 

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