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Ursula K. LeGuin
KLEINER
AUTOREN-WORKSHOP
„Steering
The Craft“, 1998, deutsche Erstausgabe, aus dem Amerikanischen
von Kerstin Winter, Autorenhaus Verlag, ISBN 978-3-86671-007-8,
2007, 206 Seiten, 14,90 EUR.
Coverzeichnung: Phillip Dvorak.
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Der
KLEINE AUTOREN-WORKSHOP der bekannten US-amerikanischen Science Fiction-
und Fantasy-Autorin (ERDSEE-ZYKLUS, PLANET DER HABENICHTSE, WINTERPLANET,
DIE GEISSEL DES HIMMELS, DIE ERZÄHLER u. a. m.) beruht auf einem
Workshop, den Ursula K. LeGuin 1996 mit vierzehn erfahrenen Schriftsteller
abhielt, die ursprünglich nicht ihre Zielgruppe waren. Der Band gibt
leider nicht preis, um welche Autoren es sich handelt, aber das ist, zugegeben,
unwichtig. (Da sich LeGuin nur selten auf SF und Fantasy bezieht, ist
ohnehin nicht anzunehmen, dass die Workshop-Teilnehmer Genre-Autoren waren).
Der deutsche Titel ist zwar sicherlich treffend, aber nicht genauso vielschichtig
wie das Original, der, wie die Autorin erläutert, „Das Boot
steuern“ oder „Das Handwerk beherrschen“ (Seite 11),
bedeutet.
Das Buch ist keine Anleitung zum Verfassen kompletter Kurzgeschichten
und Romane. LeGuin behandelt in ihrem KLEINEN AUTOREN-WORKSHOP vielmehr
die grundlegenden Techniken des Schreibens: Der Bogen spannt sich vom
Klang der Sprache über den korrekten Einsatz von Orthographie, Satzlängen,
Syntax, Grammatik sowie über die diversen Erzählperspektiven
(das mit Abstand längste Kapitel!) bis hin zu verschiedenen Methoden
des Erzählens. Jedes Kapitel ist mit praktischen Übungen versehen
– was auch Sinn machen würde, wenn der KLEINE AUTOREN-WORKSHOP
nicht aus einem Workshop heraus entstanden wäre –, die der
Leser in einer Gruppe, allein oder auch gar nicht bearbeiten kann. Es
sind teilweise sehr anspruchsvolle Aufgaben darunter, die weniger geübte
und talentierte Schriftsteller sicherlich an ihre Grenzen führen
werden.
Die Autorin hat außerdem eine Reihe von Beispielen aus der klassischen
Literatur zu den Kapiteln zusammengestellt: Mark Twain, Jane Austen, Virgina
Woolf, Charles Dickens, J. R. R. Tolkien (als einziger Genre-Autor) u.
a. m. geben sich mit ihren Texten ein Stelldichein. Dies belegt erneut,
dass der KLEINE AUTOREN-WORKSHOP nicht (nur) für angehende und/oder
ambitionierte SF- und Fantasyschriftsteller verfasst wurde. Nur in dem
Kapitel „Indirekte Erzählung oder Vielsagendes“ werden
sie erwähnt, in dem die Autorin über die Schwierigkeiten referiert,
Informationen über Handlungsorte, -zeiten u. a. m. zu vermitteln
– ein Problem, vor dem SF- und Fantasy-Autoren in einem größeren
Ausmaß als Mainstream-Schriftsteller stehen.
Es wäre vermessen, von einem „nur“ 200 Seiten umfassenden
Band Tiefschürfendes zu erwarten. Dennoch kratzt der KLEINE AUTOREN-WORKSHOP
nicht nur an der Oberfläche des Handwerks des Schreibens. In jedem
Fall hält er für Hobby- und Freizeitschriftsteller interessante
Erkenntnisse und Informationen parat, an denen sie ihre bisherigen Arbeiten
messen und die zukünftigen verbessern können. Es ist sicherlich
kein Zufall, dass LeGuin in dem Band einige grundlegende grammatische
Regeln erklärt und der Darstellung der verschiedene Erzählperspektiven
breiten Raum gibt. Auch Rezensenten können, zugegeben, in mancher
Hinsicht sensibilisiert werden. Und ein kleiner Einblick in die Arbeitsweise
einer der bemerkenswertesten SF- und Fantasy-Autorinnen ist der KLEINE
AUTOREN-WORKSHOP natürlich auch.
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