Philip K. Dick

DIE LINCOLN-MASCHINE

„We can Build You“, 1972, Nachdruck, aus dem Amerikanischen von Frank Böhmert, Heyne TB 52270, 2007, 288 Seiten, 9,95 EUR.
Coverzeichnung: N. N.

Mit DIE LINCOLN-MASCHINE legt der Heyne Verlag im Rahmen seiner Dick-Edition einen der weniger bekannten Romane des Autors in einer Neuübersetzung vor, freilich mit einem genauso wenig zutreffenden, wenn auch prosaischeren Titel (die früheren Ausgaben erschienen als DIE REBELLISCHEN ROBOTER, Goldmann SFTB 252, 1977, und in DIE WELTEN DES PHILIP K. DICK, Bastei/Lübbe SF-SPECIAL-TB 24075, 1985).
Die Absatzzahlen der Elektroorgelfabrik von Louis Rosen und Maury Rock befinden sich im Sinkflug. Doch Maury Rock hat einen Prototypen bauen lassen, ein menschenähnliches Simulacrum, das Edwin M. Stanton nachbildet, den Kriegsminister im Kabinett Abraham Lincolns. Das Lincoln-Simulacrum wird erst später gebaut, als sich das Stanton-Simulacrum „bewährt“ hat. Mit dem „populären“ Lincoln-Simulacrum hoffen Rosen und Rock, einen Geldgeber für ihr Projekt finden zu können und wenden sich an den Industriellen Barrows.
Dick kreiert in DIE LINCOLN-MASCHINE eine plausible Zukunftswelt, die gar nicht mehr soweit von unserer entfernt zu sein scheint. Simulacra werden bereits bei der Erforschung und Erschließung des Mondes eingesetzt, so dass es ein naheliegender Schritt war, sie realen Menschen nachzubilden und mit ihrer Biografie zu versehen. Aber DIE LINCOLN-MASCHINE beschreibt nicht nur die Entwicklung einer technischen Innovation und die Auseinandersetzung um ihre wirtschaftliche Nutzung, sondern auch die Menschen, die daran zu zerbrechen drohen.
Louis Rosen ist unglücklich in die Tochter seines Partners, Pris Frauenzimmer, verliebt. Pris ist psychotisch und hat den Großteil ihrer Jugend in psychiatrischen Kliniken verbracht. Sie ist emotional kalt und verletzend, lebenshungrig und genial; an der Konstruktion des Lincoln-Simulacrum war sie beteiligt. Im Laufe der Handlung stellt sie sich auf die Seite Barrows. Die Dialoge zwischen ihr und Louis Rosen wirken in der ersten Hälfte des Romans konstruiert; erst danach gelingt es Dick, seiner Protagonistin einen eigenen Charakter zu geben, der mehr ist als nur anstrengend für Louis Rosen, Maury Rock und den Leser ist.
In DIE LINCOLN-MASCHINE wird die Trennlinie zwischen Mensch und seiner Nachbildung (noch) nicht überschritten. Die Simulacra sind die, die noch am rationalsten handeln, wenn sie auch den Vorgaben ihrer Biografien unterworfen sind. Louis Rosen und Pris Frauenzimmer finden sich am Ende Romans in derselben psychiatrischen Klinik wieder, wenn auch nur in einem Fall zu Recht. Und das ist das wahre Happy End des Romans.
DIE LINCOLN-MASCHINE ist einer der weniger spektakulären Romane in dem Werk des Philip K. Dick. Es ist aber typisch für ihn, dass die Menschen mindestens gleichberechtigt neben der Technik und den wirtschaftlichen Auseinandersetzungen stehen (so rückt es in den Hintergrund, dass Barrows mit der Hilfe Pris' Rosen und Rock ihre Entwicklung abnehmen kann). Es ist erfreulich, dass auch dieser Roman nach mehr als zwei Jahrzehnten dem Leser wieder zugänglich ist.

 

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