Der 1997 erschienene Roman IM REICH DER JADEGÖTTIN ist laut Klappentext der einzige (außerhalb der DRAGON- und ATLAN- Heftromanreihen) Fantasy-Roman Peter Terrids, was von den mir vorliegenden bio- und biblographischen Informationen über den Autor bestätigt wird. Diese Hardcoververöffentlichung wird sicherlich ein besonderes Ereignis in der schriftstellerischen Arbeit Peter Terrids gewesen sein. Ob der Roman eine große Verbreitung gefunden hat, muß jedoch beweifelt werden. Immerhin erschien IM REICH DER JADEGÖTTIN in einem Kleinverlag, zwar gebunden, aber doch nur im Taschenbuchformat und zu einem Preis von immerhin 24,80 DM.
IM REICH DER JADEGÖTTIN beginnt mit einer leidlich originellen Idee: Was geschieht, wenn sich ein Autor in seiner eigenen literarischen Welt wiederfindet? Dies widerfährt dem Protagonisten des Romans, in dem unschwer Peter Terrid zu erkennen ist, als er am Strand der französischen Atlantikküste auf Rosanne trifft, die jenen Fantasy-Roman liest, zu dem er erst kürzlich das Exposé verfaßte. Bestandteil seines Werkes ist auch jener Dschinn, der den Autor und seine Begleiterin in den Computer des Alter egos Peter Terrids versetzt, wo sie, nachdem sie den Tücken der Textverbeitung entgangen sind, zu Figuren eines Fantasy-Rollenspiels werden.
Es scheint, als habe Peter Terrid IM REICH DER JADEGÖTTIN in zwei Etappen geschrieben, zwischen denen etwa ein Jahrzehnt liegt, was gegen des Ende des Romans auch mehr oder minder direkt bestätigt wird. Nicht nur die Computertechnik legt davon Zeugnis ab, sondern mit dem Beginn des zweiten Teils verschwinden auch die selbstironischen Passagen, in denen sich Peter Terrid selbst auf das Produkt seiner schriftstellerischen Kreativität treffen läßt und versucht, sich seinem neuen Lebensraum – ein beleibter Wohlstandsmensch in einer Fantasywelt – anzupassen.
Der zweite Teil des Romans wartet auch mit einem Bruch, präziser gesagt mit einer Pause in der Handlung auf. Der Protagonist Peter Terrid nimmt einen neuen Namen an, wird von seiner Begleiterinnen, Rosanne und der zu ihnen gestoßenen Prinzessin Irydia getrennt und zusammen mit den Waldläufer Batran von den Bergmahren gefangengenommen. Die Handlung wird erst fortgesetzt, als Lykaar, wie sich der Protagonist Peter Terrid nun nennt, und Batran aus den dunklen Bergwerken ihrer Häscher entkommen können.
Was danach folgt, ist konventionelle Fantasy: Lykaar erweist sich dank eines magischen Schwertes als unbesiegbarer Kämpfer, der sowohl die Stadt Thalad vor den ehernen Kriegern der Bergmahren und ihres Führers, des Zauberers Luodin, bewahrt als auch den Fluch der Jadegöttin, der bislang Monat für Monat eine Frau geopfert werden mußte, bricht. Auch ein Amazonenheer greift in den Kampf ein. Aber auch in diesen Handlungsteilen bewahrt Peter Terrid eine gewisse Ironie, als er beispielsweise die Armee der Eisenkrieger durch ein Heer von Insekten, das in die Rüstungen der Kämpfer schlüpft, besiegen läßt.
Gegen Ende des Romans kehrt Peter Terrid wieder zu der Selbstironie des ersten Teil des Romans zurück, als er die Möglichkeit erhält, in seine frühere und unsere Welt zurückzukehren. Doch er entscheidet sich dagegen, was als ausgesprochen unkluge Entscheidung anmutet: Immerhin vermag Thalad keine medizinische Versorgung, kein fließendes warmes Wasser, keine Zentralheizung, keine PCs und kein Kabelfernsehen anzubieten. Doch vielleicht würde Rosanne nach seiner Rückkehr aufhören zu existieren...
Peter Terrid erklärt den Realitätswechsel seines Protagonisten schlicht mit der Macht des Geistes, die neue Wirklichkeiten zu erschaffen vermag, die solange existieren, wie sie jemand in seinen Gedanken lebendig erhält. Gegen Ende des Romans trifft er nochmals auf jenen Autoren, der seine Stelle in unserer Welt angenommen hat; in Thalad begegnete ihm zuvor ein weiteres Alter ego, das jedoch kurz zuvor getötet wurde. Diese Szene soll womöglich nur dazu beitragen, eine geheimnisvolle Atmosphäre aufzubauen, einem erkennbaren Zweck in der Handlung dient sie jedenfalls nicht.
Ansonsten verwendet Peter Terrid in IM REICH DER JADEGÖTTIN nur konventionelle, bekannte Fantasy-Motive, die aber wegen ihrer teilweise ironischen Darstellung und der zeitweisen selbstironischen Zeichnung des Protagonisten nicht langweilen. Dem insgesamt freilich wenig spektakulären Plot des Romans wäre jedoch eine Publikation im preiswerteren, "richtigen" Taschenbuchformat angemessener gewesen.


IM REICH DER JADEGÖTTIN, Originalausgabe, 1997, 238 Seiten, Blitz Verlag, Coverzeichnung von Clyde Caldwell, 24,80 DM.